Die Didacta, die gemeinhin das Image hat, vor allem für Kindergärtnerinnen und Lehrer da zu sein, versucht seit einigen Jahren, auch im Bereich der beruflichen Bildung eine Position aufzubauen. Während ihr dies in der Messe nach meinem Eindruck kaum gelingt, hat sich der Kongress Professional E-Learning, der von den früheren Organisatoren der Learntec Prof. Sommer und Prof. Beck organisiert wird, zwischenzeitlich als wertvolle Bereicherung fest etabliert. Schade ist nur, dass dieses Angebot in der kaum überschaubaren Fülle der Angebote auf der Didacta unterzugehen droht.
Prof. Dr. Dehnbostel führte heute in das Thema „Work Place Learning“ ein. Dabei arbeitete er sehr klar die dominierende Bedeutung des informellen Lernens in der betrieblichen Bildung heraus. Es genügt nicht mehr, diesen Aspekt, der über 2/3 des Lernens ausmacht, dem Zufall zu überlassen. Sehr spannend fand ich den Vortrag der Deutschen Telekom, die ihr Ausbildungskonzept in Richtung eines kompetenzorientierten Lernsystems mit hoher Selbstorganisation der Auszubildenden hin entwickelt haben. Über eine detaillierte Kompetenzmatrix werden diese Lernprozesse gesteuert. Auch wenn der verwendete Kompetenzbegriff sich vor allem auf Fertigkeiten oder Skills beschränkt, ist dies ein spannender Ansatz, den es weiter zu beobachten gilt. Abgerundet wurde dieser Tag durch weitere Erfahrungsberichte, insbesondere aus dem Handel. Unverständlich ist es jedoch, dass es trotzdem immer wieder namhaften Anbietern gelingt, solch ein Forum für ihre Selbstdarstellung und Produktpräsentationen zu missbrauchen. Dis empfinde ich vor allem deshalb als ärgerlich, weil solche Tagungen immer unter Zeitdruck stehen.
Ich stellte dort in einer Präsentation (s. Anhang), dir wir gemeinsam mit Monika Lohmann von der RWGA entwickelt haben, die Ergebnisse unseres gemeinsamen Bank-Ausbildungsprojektes vor, in dem das Work Place Learning eine zentrale Rolle spielt. Auch hier haben wir versucht, den Spagat zwischen den formellen, starren Vorgabe des Rahmenlehrplanes und den kompetenzorientierten, dynamischen Anforderungen der Bankpraxis zu schlagen. Dies ist uns nach den vorliegenden Ergebnissen aus den ersten fünf Pilotprojekten gelungen, weil wir die Wissensvermittlung und Qualifizierung, also den formellen Lernbereich, mittels Blended Learning weitgehend in die Eigenverantwortung der Auszubildenden gelegt haben. Das erfahrungsorientierte Lernen in der Praxis, das erst Kompetenzentwicklung ermöglicht, initiieren wir durch die systematische Einbeziehung von Transferaufgaben und herausfordernden Praxisprojekten in Verbindung mit der Kommunikation mittels Social Software.
Ich wünsche mir, dass solche Veranstaltungen zukünftig der immer wieder vorgebrachten Forderung nach mehr Freiraum für Interaktion und Diskussion gerecht werden. Ich bin mir sicher, dass alle Beteiligten sehr viel mehr Nutzen für sich selbst mitnehmen würden, wenn sie ihre eigenen Problemstellungen mitbringen und Zeit erhalten, diese in der Kommunikation mit den Teilnehmern, die eine Menge Erfahrung mitbringen, und Experten zu bearbeiten. Weiterhin kann ich mir gut vorstellen, dass das Konzept bereichert werden kann, indem dieses Diskussion nach dem Workshop in einer Community of Practice weitergeführt wird. Ich werde für das kommende Jahr diesen Vorschlag machen.
Ihr
Werner Sauter