Ich freue mich auf den kommenden Freitag und Samstag, wenn wieder der von Karlheinz Pape wie immer sehr gut vorbereitete Corporate Learning Camp stattfindet. Das CLC hat sich zu einem Treffpunkt entwickelt, in dem innovative Themen aus dem Bereich der betrieblichen Bildung mit spannenden Teilnehmern aus den unterschiedlichsten Bereichen in einer offenen Form diskutiert werden können. Ich kann Ihnen den Besuch nur empfehlen. Denken Sie bitte auch darüber nach, eigene Erfahrungen oder Überlegungen mit einzubringen.
Ich werde ebenfalls einen Beitrag anbieten, der sich auf viele Diskussionen zu grundlegenden Anforderungen an die betrieblichen Bildung bezieht, die wir in den vergangenen Monaten geführt haben.
Der Begriff der Kompetenz ist kein naturwissenschaftlicher Begriff, aber doch erstaunlich klar und konsistent. Trotzdem wird er in der öffentlichen Diskussion häufig verbogen und missbraucht. So ignorieren immer noch viele Pädagogen, beispielsweise die PISA-Vertreter, einfach zwanzig Jahre Kompetenzforschung und beschränken diesen Begriff auf Fachwissen und Fertigkeiten.
Auch werden Kompetenzmodelle in immer mehr Unternehmen eingeführt. Nahezu alle großen Unternehmen haben irgendwann ein entsprechendes Projekt gestartet. Die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, werden aber überwiegend schlicht ignoriert.
Ich will in Frankfurt versuchen, die Diskussion dazu mit 10 „Behauptungen“ zu beflügeln, die uns in unserer Arbeit immer wieder begegnen:
- Niemand weiß doch wirklich, was Kompetenzen sind. Mit Wissens- und Qualifikationszielen haben wir wenigstens eine klare Zielorientierung.
- Wozu brauchen wir Kompetenzen, unsere Lernsysteme haben sich doch seit vielen Jahrzehnten bewährt?
- Die Menschen sind doch seit Jahrhunderten ohne Kompetenzen ausgekommen, warum brauchen wir plötzlich jetzt welche?
- Kompetenzen kann man doch gar nicht messen. Damit ist mit ihnen auch keine Bildungsplanung möglich.
- Wissen kann man wenigstens lehren, aber doch keine Kompetenzen. Also ergeben Konzepte für die Kompetenzentwicklung keinen Sinn.
- Wissen kann man im Netz weitergeben, aber Kompetenzen können dort nicht aufgebaut werden. Also kann Kompetenzentwicklung auch nicht im Netz, z.B. mittels Social Learning, stattfinden.
- Wissen und Qualifikationen kann man überprüfbar zertifizieren. Kompetenzen bleiben im Unverbindlichen. Deshalb kann der Lerner mit Kompetenzzielen seine Kompetenzentwicklung nicht steuern.
- Die personalen und sozial-kommunikativen Kompetenzen sollen ruhig die Kompetenzentwickler erledigen, Fachkompetenzen sind das Privileg der Fachleute
- Die Rolle der Emotionen wird vollkommen überschätzt, allein rationale Überlegungen sind im Endeffekt entscheidend.
- Lernansätze mit dem Ziel der Kompetenzentwicklung zerstören den klassischen (Humboldtschen) Bildungsbegriff.
Dies sind sicher nicht alle Vorurteile, die es gegenüber der Kompetenzorientierung in der Bildung gibt. Sie reichen aber häufig aus, Entwicklungen zum sozialen und kollaborativen Lernen am Arbeitsplatz und im Netz zu bremsen oder zu verhindern. Deshalb müden wir uns damit offensiv auseinandersetzen.
Ich bin auf die Argumente gespannt, die wir diskutieren werden. Vielleicht sind am Freitag dabei. Ich würde mich sehr freuen.