Das Ende der Learning Management Systeme?

Learning Management Systeme, d.h. virtuelle Lern- und Kommunikationsplattformen, die den Lernern Zugriff auf verschiedene Lernelemente, z.B.  WBT, Dokumente oder Beiträge der Lerner, sowie differenzierte Kommunikationsmöglichkeiten bieten, haben sich bei Bildungsanbietern und in Unternehmen weitgehend durchgesetzt. Sie dienen dabei vor allem der zentralen Planung und Verwaltung der gesamten Lernaktivitäten aller Mitarbeiter eines Unternehmens, sowohl online als auch offline, bzw. der Lerner von Bildungsanbietern. Es werden vor allem formelle Lernprozesse vorgegeben, Lerninhalte verteilt, Lerner administriert sowie Lernergebnisse dokumentiert.

Zwischenzeitlich nutzt nach einer Studie der Bitkom etwa knapp die Hälfte der Unternehmen, weitgehend unabhängig von der Größe, Social Media.[1] Deshalb können wir davon ausgehen, dass Soziale Medien auch im Lernbereich eine zunehmende Rolle spielen. Gleichzeitig garantiert aber Social Media noch kein Social Learning.

Nach unserem Verständnis ist Social Learning im betrieblichen Kontext durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

Social Learning (E-Learning 2.0) ist kompetenzorientiertes E-Learning mit Social Software (Social Media), das informelles, selbstorganisiertes und vernetztes Lernen umfasst.[1]

Es kann ein alltäglich, bewusst oder unbewusst ablaufender Prozess sein, oder integrierter Teil eines Lernarrangements. Social Learning hilft Menschen, nach eigenen Bedürfnissen und Interessen Social Media auszuwählen und zu nutzen, um online zusammenzuarbeiten und Informationen zu teilen.[3] Der Zugang zu diesen Medien erfolgt heute über eine Soziale Lernplattform, die sich zukünftig  immer mehr zu einer persönliche Lernumgebung, einem Personal Learning Environment – PLE – entwickelt.

Dieses soziale Lernen kann sowohl Inhalt des Lernens als auch Gestaltungselement sein:

  • Didaktik (Lernziele und –inhalte): Entwicklung der sozialen Kompetenz zum sozialen Handeln mit Empathie, Respekt und Verantwortung.
  • Methodik: Kooperative und kollaborative Lernformen, die das gemeinschaftliche Lernen in Gruppen fördern.
  • Lerntechnologie: Medien und Werkzeuge, die kooperative und kollaborative Lernprozesse ermöglichen.
  • Lernorganisation: Lernen im sozialen Kontext, z.B. Peer-to-peer Konzepte.

Die Soziale Lernplattform bietet jedem Mitarbeiter über sein E-Portfolio einen persönlichen Zugang zum Sozialen Netzwerk der Unternehmung. Das System schafft die Möglichkeit, auch im Netz kollaborativ herausfordernde Problemstellungen aus dem Prozess der Arbeit kollaborativ zu bearbeiten. Dabei nutzen die Mitarbeiter u.a. Foren, Chats, Blogs, Wikis, Reflexions-Tools oder Instant Messenger. In Virtual Classrooms oder Webinaren können sie sich mit Lernpartnern und Experten unabhängig von ihrem Aufenthaltsort austauschen. Zu einzelnen Themenbereichen oder Kompetenzprofilen werden im Unternehmen spezifische Soziale Netzwerke angeboten. So gibt es u.a. Netzwerke für Mitarbeiter im Rechnungswesen, Vertriebsmitarbeiter, Führungsnachwuchskräfte oder für obere Führungskräfte. Daneben können die Lerner auch Mitglieder in unternehmensübergreifenden Netzwerken, z.B. mit Fachkollegen, mit Lieferanten, mit Behördenvertreter oder mit Kunden sein, um ihren Horizont zu erweitern. Mit Hilfe von Etherpads können sie im Netz zur gleichen Zeit am selben Dokument arbeiten und gemeinsam lernen.

Die Lerner bauen mit ihrem E-Portfolio einen eigenen Lernbereich auf, den sie selbst in Hinblick auf die Tools, die Inhalte und die Zugangsmöglichkeiten für Lernpartner gestalten können. Dadurch entwickelt sich im Laufe der Zeit eine persönliche Lernlandschaft, ein PLE – Personal Learning Environment. Der Mitarbeiter plant auf dieser Grundlage seine Lernprozesse eigenverantwortlich, meist mit Unterstützung der Lernpartner oder seiner Führungskraft. Bei Bedarf kann er die Lernberatung von Bildungsexperten aus dem Kompetenzmanagement in Anspruch nehmen. Die Experten des Kompetenzmanagement initiieren und moderieren die notwendigen Veränderungsprozesse zur Einführung der Lernsysteme und beraten die Teilnehmer und deren Führungskräfte, aber auch Lerngruppen, in ihren selbstorganisierten Lernprozessen. Diese Experten weisen eine hohe didaktisch-methodische Kompetenz auf und besitzen umfangreiche Erfahrungen im Bereich selbstorganisierter und netzbasierter Lernsysteme.

PLE – Personal Learning Environment – sind individuelle und cloud-basierte, nach den persönlichen Interessen und Bedürfnissen des Lerners gestaltete Lernlandschaften mit semantischen Systemen, in die sie online Informationen, Erfahrungswissen, Ressourcen oder Kontakte integrieren und Ergebnisse ihrer formellen und informellen Lernprozesse auf der Basis von Standards zur Verfügung stellen können..[4] 

Das Ziel ist, eine technologische Infrastruktur zu schaffen, die die individuelle Kompetenzentwicklung ermöglicht, indem vorher getrennte Anwendungen lernerbezogen zusammen geführt werden. Ein solches PLE kann informelles Lernen kanalisieren. In zukunftsorientierten Kompetenzentwicklungs-Arrangements werden dabei folgende Funktionalitäten eines PLE benötigt:

  • Kompetenzentwicklung im Netz und im Prozess der Arbeit
  • Kompetenzorientiertes Wissensmanagement „bottom-up“ durch jeden Lerner
  • Persönlicher Lernpartner Computer: Lernorganisation und -begleitung mit semantischen Systemen

Das PLE bildet damit die notwendige Voraussetzung für selbstorganisiertes, lebenslanges und lebensweites Lernen. Deshalb sollte das System so gestaltet werden, dass der Lerner seinen persönlichen Lernraum, sein E-Portfolio, „mitnehmen“ kann, wenn er seine bisherige Unternehmung verlässt und zu einem anderen wechselt.

PLE werden zukünftig die heutigen LMS, auch in der Ausprägung als Soziale Lernplattformen, ablösen, weil sie konsequent auf die jeweiligen persönlichen Bedürfnisse der Lerner zugeschnitten sind. Dabei werden aber alle Möglichkeiten und Elemente von LMS genutzt, die für den Lerner sinnvoll sind. Jedoch entscheidet er selbst, nicht ein Trainer, welche Funktionalitäten er nutzen will.

Damit die Mitarbeiter bereits heute ihre Kompetenz aufbauen, mit solchen Systemen effizient umzugehen, müssen die Unternehmen ihre heutigen Learning Management Systeme um E-Portfolios und die Bereiche des kollaborativen Arbeitens und Lernens im Netz im Netz erweitern, also Soziale Lernplattformen einführen. Hierfür haben wir mit learn@work eine bereits in der Praxis erprobte Lern-Infrastruktur entwickelt, die auf Open Source Lösungen basiert. Vorhandene LMS oder Kollaborations-Tools müssen dabei nicht ersetzt werden, sondern können unter einer personalisierten Benutzeroberfläche integriert werden. Damit wird ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess möglich.

[1] Bitkom (2012), S. 6

[2] vgl. Robes, J. (2012), S.3

[3] vgl. Back, A., Gronau, N., Tochtermann, K. (Hrg.) (3., vollständig überarbeitete Auflage 2012)

[4] vgl. Schaffert, S. , Kalz, M. (2009) , Gautam, A., (2012)

[5] vgl. Meier, C.; Seufert, S. (2012), Ebner, M., Neuhold, B. Schön, M. (2013)

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