Mit dem Ansatz des Ermöglichungsrahmens habe ich versucht aufzuzeigen, wie die Struktur für das betriebliche Lernen der Zukunft mit dem Ziel individueller, selbstorganisierter Kompetenzentwicklung durch kollaboratives Lernen im Prozess der Arbeit und im Netz aussehen könnte. Der Weg zu diesen innovativen Lernkonzeptionen erfordert Zeit und Durchsetzungsvermögen.
Deshalb haben wir uns Gedanken darüber gemacht, wie der Weg zu diesen innovativen Lernlösungen in den Unternehmen aussehen könnte. Diese Überlegungen stellen wir zur Diskussion.
Der Entwicklungsweg weist nach unserer Sicht folgende Abschnitte auf:
Abb. Handlungsempfehlungen
Damit Sie und Ihr Team sich schrittweise von der Personalentwicklung zum Kompetenzmanagement entwickeln können, schlagen wir im Einzelnen folgende Schritte vor:
1. Leiten Sie Ihren Bildungsauftrag konsequent aus der Unternehmensstrategie ab.
Die betriebliche Bildung wird auf Dauer nur dann ernst genommen werden, wenn sie aktiv und nachprüfbar zur Performance der Unternehmung beiträgt. Dies wird ihr nur gelingen, wenn sie sich an den strategischen Zielen der Unternehmung orientiert und mit dazu beiträgt, dass dieses im Kompetenzwettbewerb erfolgreich bleibt. Deshalb gibt es keine Alternative zur Kompetenzorientierung der betrieblichen Bildung.
2. Entwickeln Sie sukzessive Ihre Rolle als gleichberechtigter Partner in den Strategieentwicklungsprozessen.
Der zukünftige Wettbewerb ist ein Kompetenzwettbewerb. Deshalb sind die Kompetenzen der Mitarbeiter und Führungskräfte das entscheidendes Element der Unternehmensstrategie. Aus diesem Grunde müssen die Kompetenzmanager im Unternehmen bereits in den Strategieprozess gleichberechtigt mit einbezogen werden, damit sie diesen mitgestalten können. Gelingt ihnen dies nicht, werden andere Bereiche im Unternehmen, wie dies teilweise heute schon z.B. im Vertrieb zu beobachten ist, die Federführung in der Bildungsarbeit übernehmen.
Diese Rolle als strategischer Partner der Geschäftsleitung müssen sich die heutigen Personalentwickler im Regelfall erst noch erkämpfen. Voraussetzung dafür ist ein Kompetenzprofil der Kompetenzmanager, das diese Akzeptanz im Kreis der oberen Führungskräfte ermöglicht, so dass sich ein Netzwerk von Verbündeten auf oberer Managementebene bildet. Dies setzt neben einem fundierten Wissen und einer breiten Qualifikation im Bereich der betrieblichen Bildung Erfahrungen als Fach- und Führungskraft im Unternehmen voraus.
3. Erarbeiten Sie in einem gemeinsamen Entwicklungsprozess mit Fach- und Führungskräften bedarfsgerechte Kompetenzmodelle, Kompetenzprofile und Kompetenzmesssysteme.
Initiieren Sie die notwendigen Veränderungsprozesse im Bildungsbereich, indem Sie gemeinsam mit dem oberen Management in einem Workshop ein bedarfsgerechtes Kompetenzmodell als Leitlinie der Bildungsarbeit entwickeln und diesen Paradigmenwechsel in der Bildungsarbeit des Unternehmens mit oberen Führungskräften aktiv kommunizieren („Symbolische Führung“).
Leiten Sie die Entwicklungsprozesse in den einzelnen Unternehmensbereichen ein, indem Sie mit ausgewählten Fach- und Führungskräften maßgeschneiderte Kompetenzprofile und –messinstrumente für die wesentlichen Tätigkeitsbereiche entwickeln. Dadurch bauen Sie sich eine Netzwerk von Verbündeten im Bereich der Fach- und Führungskräfte mit hoher Akzeptanz („Cultural Heroes“) im Unternehmen auf.
4. Entwickeln Sie die Rollen in den Lernprozessen, insbesondere auch Ihre eigene, und die Lernkultur in einem permanenten, gemeinsamen Veränderungsprozess, den Sie maßgeblich gestalten und steuern.
Leiten Sie gemeinsam mit Ihren Verbündeten aus der Stufe der Entwicklung der Kompetenzprofile die notwendigen Veränderungsprozesse in den einzelnen Bereichen ihrer Kunden, vor allem aber auch in der Personalentwicklung, ein. Bauen Sie die notwendigen Kompetenzen bei Bildungsexperten und Führungskräften im „Doppeldecker-Prinzip“ auf und initiieren Sie damit die Entwicklung und Umsetzung kompetenzorientierter Lernkonzepte.
5. Entwickeln Sie mit Ihrem Team einen Lernrahmen, der selbstorganisiertes, kollaboratives Lernen aller Mitarbeiter im Prozess der Arbeit möglich macht.
Erarbeiten Sie mit Ihrem Team und bei Bedarf mit externer Unterstützung die Konzeption, Systeme, Prozesse und Elemente des Ermöglichungsrahmens. Testen Sie erste Lösungen in überschaubaren Pilotprojekten und übertragen Sie die dabei gewonnenen Erfahrungen schrittweise auf die Gesamtkonzeption. Unterrichten Sie die Mitarbeiter und Führungskräfte regelmäßig über diese ersten innovativen Lernmaßnahmen und die dabei gewonnenen Erkenntnisse.
6. Verknüpfen Sie Lern- und Arbeitsprozesse, aber auch Strukturen und Systeme in diesen Bereichen, konsequent miteinander.
Entwickeln Sie in enger Abstimmung mit den Verantwortlichen der Unternehmens-IT integrierte Lösungen, mit denen Arbeiten und Lernen zusammen geführt werden können. Fügen Sie diese Lösungen in den Ermöglichungsrahmen mit ein.
7. Ermöglichen Sie es ihren Mitarbeitern, ihre Kompetenzziele auf Basis der Kompetenzprofile und -messungen selbstorganisiert in Abstimmung mit ihren Führungskräften zu definieren.
Initiieren Sie die Integration der Kompetenzziele in die Führungskonzeption und die Konzeption der Mitarbeitergespräche. Stellen Sie die neue Lernkonzeption und die Instrumente der Kompetenzmessung, möglichst gemeinsam mit der jeweiligen Führungskraft, den Mitarbeitern vor (z.B. über Informationsmärkte).
8. Ermöglichen Sie es Ihren Mitarbeitern, ihre Lernprozesse im Prozess der Arbeit selbst zu planen und umzusetzen.
Moderieren Sie gemeinsam mit den jeweiligen Führungskräften Teamtrainings, in denen die Mitarbeiter in die individuelle Nutzung des Ermöglichungsrahmens eingeführt werden. Begleiten Sie die Führungskräfte als Coach in ihrer Aufgabe als Entwicklungspartner der Mitarbeiter. Stellen Sie sicher, dass alle Lerner umgehend Unterstützung erhalten, wenn Sie mit dem neuen Lernrahmen noch nicht klar kommen (Hotline).
9. Bieten Sie E-Learning und Blended Learning Lösungen, Podcasts oder Lernvideos zum Aufbau des formellen Wissens sowie Wissensmanagement-Tools zur Entwicklung von Erfahrungswissen an.
Passen Sie die formellen Inhalte auf die neue Lernkonzeption an (z.B. durch Modularisierung oder durch Ergänzung um Transferaufgaben), entwickeln Sie neue Medien zur Unterstützung und Initiierung der Kompetenzentwicklungsprozesse und implementieren Sie ein Wissensmanagement-System „bottom-up“, in das die Lerner ihr Erfahrungswissen einbringen und gemeinsam weiter entwickeln können.
10. Fördern Sie das kollaborative Arbeiten und Lernen im und mit dem Netz(-werk). Fördern Sie die Netzwerkbildung aller Beteiligten durch geeignete Systeme und Initiativen.
Bringen Sie Ihr Team und sich selbst aktiv in diese Netzwerke mit ein. Greifen Sie die Anregungen und die Kritik in einem dynamischen Prozess aktiv auf und optimieren Sie das Lernsystem laufend.
Der Bildungsbereich und das Unternehmen entwickeln sich damit zu einer Lernenden Organisation.