Die erste Woche im Corporate Learning 2.0 MOOC – unser Projekt Next Education in der Deutsche Bahn AG

Die erste Woche unseres Corporate Learning 2.0 MOOC, den Prof. Dr. Sauter als Pate mit den Projektleitern von DB Training gestaltet und begleitet hat, liegt hinter uns. Mehr als 1.200 Teilgeberinnen und Teilgeber, über 500 Diskussionsbeiträge und fast 250  Reflexionen zur aktuellen und zukünftigen Bildungslandschaft in den Unternehmen sprechen für sich. Unser Ziel, einen cMOOC, also einen connective MOOC, in dem der Austausch von Meinungen und Erfahrungen der Teilnehmer im Vordergrund steht, zu gestalten, ist voll erreicht worden.

Wir haben uns die gesamte Woche über auf Basis von kurzen Videos und Whitepapers mit allen Aspekten eines Veränderungsprojektes in einem Konzern mit fast 300.000 Mitarbeitern beschäftigt. Sehr gefreut haben wir uns über die Bereitschaft der Projektleiter von Next Education, Andreas Eckelt und Carlo-Matthias Enk, ihre Erfahrungen und Überlegungen mit uns zu teilen. Dies war ein großer Gewinn für uns. Als sehr wichtig empfanden wir auch die Diskussion mit Prof. Dr. Rolf Arnold und Prof. Dr. John Erpenbeck zu den konzeptionellen Grundlagen dieses Lernprojektes. Dabei wurde deutlich, dass die Konzeption von Next Education sehr bedarfsorientiert ist, aber gleichzeitig auf einer fundierten Didaktik und Methodik basiert.

Next Education steht am Anfang, es bleibt sicher noch viel zu tun. Es wurde aber auch deutlich, dass ein wichtiger Anfang gemacht wurde, der nunmehr in einem Implementierungsprojekt fortgeführt wird. Wie groß dieser Schritt von Next Education ist, zeigen die Ergebnisse unserer Reflexionen, die in erschreckendem Maße deutlich machten, dass zwar der Veränderungsdruck in fast allen Unternehmen zunehmend zu spüren ist, dass sich aber in der großen Mehrheit trotzdem keine Veränderungen im Lernsystem und in der Lernkultur zeigen.

Die Konzeption von Next Education hat viel Zustimmung erfahren. Natürlich gab es auch kritische Anmerkungen und Fragen, die wiederum dazu beitragen, diesen Ansatz weiter zu entwickeln. Hier einige ausgewählte Einschätzungen:

„Gelungene Bestandsaufnahme des heutigen „State-of-the-Art“ eines nachhaltig gestalteten Corporate Learning, orientiert sich konsequent an den Herausforderungen des Konzernes, sehr pragmatische und gründlich durchdachte Vorgehensweise, das Konzept ist schlüssig und notwendig…. Mir gefällt, den Mitarbeitern zu ermöglichen, ihre Kompetenzen selbstorganisiert aufzubauen, um handlungssicherer zu werden. Als besondere Herausforderungen wurde gesehen, die Unternehmung, alle Führungskräfte, die Mitarbeiter und die Lernbegleiter mit zu nehmen, d.h. die Lernkultur, zu verändern… 

Deshalb wird ein paralleles Veränderungsmanagement benötigt.  Ein neues Geschäftsmodell für die betriebliche Bildung ist erforderlich. Für überbetriebliche Bildungsanbieter stellt sich die Frage, wie sie mit selbstorganisierten Lernformen Geld verdienen..“

Gestern erhielt ich das neue Buch von Jörg Dräger und Ralph Müller-Eiselt von der Bertelsmann Stiftung,  „Die digitale Bildungsrevolution“, das sehr anschaulich zeigt, welche Möglichkeiten innovative Lernkonzeptionen bereits heute bieten, um das Lernen für die Anforderungen der Zukunft zu gestalten. Beispiele dafür sind:

Ein Schüler erhält täglich einen auf ihn zugeschnittenen Lernplan, den ein New Yorker Rechenzentrum über Nacht erstellt. Eine Universität arbeitet mit Software, die für jeden Studenten die optimalen Fächer ermittelt, inklusive der voraussichtlichen Abschlussnoten…“

Die Vision des humanoiden Computers, der als digitaler Lernpartner fungiert, die wir durchaus kontrovers diskutiert haben, rückt damit immer näher.

Der Appell der beiden Autoren: „Um die großen Chancen zu nutzen, den Risiken zu begegnen und international nicht den Anschluss zu verlieren, muss Deutschland die digitale Bildungsrevolution jetzt aktiv gestalten. Ein Weckruf, der unsere Gesellschaft zum Handeln auffordert. “ Ich bin der festen Überzeugung, dass dem Corporate Learning hierbei eine Vorreiterrolle zukommt.“

118 Reflexionen zu den eigenen Erfahrungswelten der Teilgeber machten deutlich, wie groß der Bedarf für eine Lernrevolution in den Unternehmen ist.

  • In über 80 % der Unternehmen wandeln sich die Strukturen und Prozesse, insbesondere aufgrund technologischer Entwicklungen, immer schneller.
  • Dem steht entgegen, das in etwa 90 % der Unternehmen die Lernkultur, also die Denk- und Handlungsweisen, weiter durch die Tradition bestimmt wird. Dies verwundert, da im gleichen Umfang im Arbeitsprozess immer mehr eigenverantwortliches sowie selbstorganisiertes Handeln verlangt wird und Arbeiten und Lernen zusammen wachsen. Hinzu kommt, dass in nahezu allen Unternehmen der Austausch von Erfahrungswissen in der Praxis immer wichtiger wird.
  • Das aktuelle Leistungsangebot im Bildungsbereich spiegelt wiederum nur zu etwa 20 % die Realität in der Organisation häufig oder voll wider und bereitet die Mitarbeiter nur zu 12 % in gleichem Ausmaß auf die Herausforderungen der Zukunft vor.
  • Nur in etwa einem Drittel der Unternehmen ist der Bildungsbereich Element der Unternehmensstrategie. Die Bedürfnisse und Rahmenbedingungen der Organisationen werden nur in einem Sechstel der Fälle häufig oder voll erfüllt.

Ein Widerspruch zwischen Bedarf und Leistungsangebot der Bildungsanbieter, der kaum glaublich ist und der eine sehr hohe Sprengkraft beinhaltet.

Die Ergebnisse im Detail.

Die Frage, wie die betrieblichen Bildungssysteme im Jahre 2020 aussehen werden, wurde von fast 130 Teilnehmern beantwortet. Die Mehrheit sieht die Entwicklungen in Richtung Selbstorganisation, Kompetenzmanagement, Ermöglichungsrahmen, Lernbegleiter, kollaboratives Lernen am Arbeitsplatz und im Netz, Führungskräfte als Entwicklungspartner, Co-Coaching und Lernerfolgs-Messung anhand der Arbeits- und Projektergebnisse. Es fällt auf, dass etwa ein Drittel der Antworten eine teilweise Veränderung vorhersagen. Dagegen ist die Erwartung, dass wir dann mit humanoiden Computern lernen werden, nur bei etwa 18 % der Antworten häufig oder voll gegeben.

Der zweite Fragenkomplex bezog sich auf die Veränderungen in den Bildungssystemen der Unternehmen, die bereits heute notwendig sind und inwieweit diese bereits umgesetzt sind. Daraus ergab sich ein sehr ernüchterndes Bild:

  • Gerade mal 9 % der Unternehmen haben die notwendigen Veränderungsprozesse in der betrieblichen Bildung häufig oder voll umgesetzt, 47 % nur teilweise. Über 40 % der Unternehmen haben bisher kaum oder gar nicht auf den Veränderungsbedarf reagiert.
  • Nur ein Sechstel der Unternehmen besitzt eine Infrastruktur, die kollaboratives Arbeiten und Lernen am Arbeitsplatz und im Netz unterstützt.
  • Lediglich in 9 % der Unternehmen haben die Bildungsexperten ihre Kompetenz für die Planung, Umsetzung , Implementierung und Begleitung innovativer Lernkonzeptionen aufgebaut. In der Hälfte der Unternehmen erfolgte dies zumindest teilweise.
  • Gerade mal 6 % der Unternehmen sind im Bildungsbereich häufig oder voll auf die Herausforderungen in den kommenden vorbereitet. 58 % weniger oder gar nicht.

Das Auswertungsmonitoring für diese Umfrage finden Sie hier.

Fazit:

Ich habe diese erste MOOC-Woche als eine große Bereicherung empfunden. Es gibt wohl kaum ein anderes Format, das es ermöglicht, über viele Organisationen hinweg einen Meinungs-und Erfahrungsaustausch in dieser Intensität zu initiieren. Gleichzeitig erzeugten die Diskussion eine große Nachdenklichkeit.

Diese Ergebnisse bestätigen erschreckend deutlich, dass die Lücke zwischen den Anforderungen an die Bildungsanbieter, die sich aus der veränderten Gesellschaft und Arbeitswelt ergeben, und der Lernwelt, sich immer weiter öffnet. Bildung hat in der Mehrzahl der Unternehmen nach wie vor den Charakter eines Angebotes, das losgelöst ist von der Unternehmensrealität. Dem Bildungsbereich in den Organisationen gelingt es nur noch zu einem sehr geringen Teil, den aktuellen und zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden. Die Bildungsexperten in den Unternehmen sind zu 90 % nicht auf die Zukunft des Lernens vorbereitet.

Eine Bildungsrevolution ist erforderlich – ansonsten verlieren die heutigen Bildungsanbieter ihre Rolle im Unternehmen bzw. ihre Marktposition.

Unser Projekt Next Education zeigt beispielhaft, wie dieser langfristige Prozess aktiv gestaltet werden kann. Lassen Sie uns darüber sprechen.

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