Im März hatten wir bereits den von Diethelm Wahl als „Doppeldecker-Prinzip“ bezeichneten Entwicklungs-Ansatz diskutiert. Hintergrund dieser Lösung ist die Erfahrung, dass erworbenes Wissen über angestrebte Handlungsweisen im Regelfall nicht in die Praxis umgesetzt wird. Es ist einfach naiv zu glauben, dass Informationen, z.B. über Social Learning, von den Beteiligten einfach in die Handlungspraxis übertragen werden können.
Deshalb haben sich am vergangenen Donnerstag 27 Personalentwickler und Bildungsplaner im Springer Verlag Heidelberg getroffen, um eine Community of Practice (CoP) „Kompetenzentwicklung mit innovativen Lernsystemen“ (Arbeitstitel) ins Leben zu rufen, in der wir das „Doppeldecker-Prinzip“ auf Basis einer Sozialen Lernplattform, die diesen Namen auch verdienen soll, auf uns selbst anwenden. Wie sollen wir in unseren Unternehmen und Bildungsinstitutionen denn Social Learning, Kompetenzentwicklung oder Workplace Learning umsetzen, wenn wir diese Ansätze nicht selbst erlebt haben?
Nach dem „Doppeldecker-Prinzip erfahren die Teilnehmer dieser CoP innovative Lernkonzepte auf zwei Ebenen, der emotionalen und der kognitiven. Sie nehmen zunächst aus dem Blickwinkel eines Teilnehmers oder Lerners an einem Social Learning Prozess teil, gleichzeitig reflektieren sie regelmäßig über ihre Erfahrungen in diesem Sozialen Netzwerk und übertragen diese auf ihre eigene, zukünftige Rolle als Personalentwickler bzw. Lernplaner und -begleiter.
Verbunden damit ist das „Verursacherprinzip“: Jeder Teilnehmer entwickelt seine Kompetenzen im Rahmen eines Sozialen Netzwerkes, setzt sie in die Praxis um und reflektiert seine Erfahrungen im Prozess mit seinen Lernpartnern. Sie tauschen ihre Entwicklungsergebnisse regelmäßig in Foren, über persönliche Blogs, Wikis oder in Webinaren sowie in persönlichen Treffen aus, diskutieren die verschiedenen Lösungsvorschläge und entwickeln in dieser Community of Practice ein gemeinsames Verständnis für die Gestaltung ihrer Lernsysteme. Gleichzeitig bauen sie damit ihre Unsicherheit in Hinblick auf das bisher unbekannte Lern- und Kommunikationssystem ab.
Die Teilnehmer der CoP entwickeln also ihre Kompetenzen genau mit den Konzepten und Methoden, die sie anschließend bei ihrer eigenen Zielgruppe anwenden werden. Dieser Ansatz hat sich in über zwei Jahrzehnten bei der Implementierung innovativer Lernsysteme in hohem Maße bewährt, da dadurch letztendlich ein dauerhafter Veränderungsprozess initiiert wird.
Die Vorstellungsrunde im Kickoff hat gezeigt, dass sich eine hoch spannende Mischung aus großen und kleineren Unternehmen aller Branchen, von der Flugzeugindustrie über Automobilunternehmen, der Chemie bis zu Handelsunternehmen und Finanzdienstleistern sowie berufliche Bildungsanbieter und Experten aller Altersstufen mit einem enormen Erfahrungsschatz zusammen gefunden hat. Dies verspricht anstrengende und ergiebige Diskussionen.
Ein griffiger Name wird noch gesucht. Wir nutzen eine Soziale Lernplattform auf Basis der Open Source Lösung von Liferay®, die einen Ermöglichungsrahmen für selbstorganisierte Lernprozesse bildet. Diese Lern-Infrastruktur wird in einem gemeinsamen Erfahrungsprozess auf Grundlage der vorliegenden Basisversion weiter entwickelt. Sie ermöglicht dann formelles Lernen, z.B. E-Learning und Blended Learning im Bereich Cooperative Learning (Social Training), aber vor allem kollaboratives Arbeiten und Lernen von zuhause oder am am „Workplace“ („Social Collaboration“). Der Zugang wird durch das jeweilige E-Portfolio der Teilnehmer erfolgen.
Die CoP wird sich zweimal im Jahr bei einem Mitgliedsunternehmen, jeweils für zwei Tage, treffen. Dazwischen führen wir etwa alle zwei Monate ein Webinar zu einem vereinbarten Thema durch. Das erst Webinar wird sich deshalb mit dem Thema „Webinar“ selbst beschäftigen. Der Kern der Community wird aber der laufende Austausch und die Weiterentwicklung von Erfahrungswissen, strukturiert nach bestimmen Themenkreisen, im Netz sein. Jedes Mitglied kann bei Bedarf neue Diskussionsbereiche einrichten.
Die Mitgliedschaft ist unternehmensgebunden. Im Sinne des Netzwerkgedankens sind weitere Mitglieder erwünscht. Wer mitmachen möchte, kann sich bei mir melden. Ich werde diese Wünsche dann in das nächste Webinar einbringen.
Wir sind alle sehr gespannt, wie wir aus unseren gewohnten Handlungs- und Kommunikationsroutinen herausfinden. Ich bin sicher, es wird sich zeigen, dass wir bereits jetzt in Teilbereichen wieder in unsere bisherigen Verhaltensweisen gefallen sind. Wir werden aber darüber reflektieren und uns gemeinsam weiter entwickeln. Es wird auf jeden Fall spannend. Vielen Dank nochmals an den Springer Verlag, der diesen motivierenden Start ermöglicht hat.