Im vergangenen Jahr haben wir innerhalb von sechs Monaten für die baden-württembergische Genossenschaftsakademie in Karlsruhe einen vollständigen Blended Learning Studiengang „Geprüfter Handelsfachwirt (IHK)“, von der Entwicklung der fachlichen Inhalte und des Drehbuches bis zur WBT-Produktion, entwickelt. Während diese berufsbegleitenden Weiterbildungen im Regelfall in reiner Präsenzform über zwei Jahre mit meist mehr als 40 Seminartagen angeboten werden, hat die bwgv-Akademie die Seminartage auf 24 reduziert. Die Laufzeit der berufsbegleitenden Maßnahme wurde auf 6 Monate beschränkt.
Diese Weiterbildung startete mit einem Kick-off zur gemeinsamen Vorbereitung der anschließenden Selbst-Lernphase. Die Teilnehmer wurden in die Lernkonzeption eingeführt, bildeten Lernpartnerschaften und –gruppen und trafen verbindliche Vereinbarungen für ihre individuellen Lernprozesse. Der Wissensaufbau erfolgte über praxis- und prüfungsorientierte Aufgaben. Die Teilnehmer bearbeiteten in Teams selbstgesteuert Aufgaben und nutzten die interaktive Lernplattform zur Kommunikation und zur Dokumentation der Lernergebnisse. Über ein laufendes Feedback wurden Lernfortschritte und Wissenslücken regelmäßig sichtbar. Der Aufbau von Qualifikationen wurde weiterhin über Transferaufgaben, Übungen oder Fallstudien, welche mit Lernpartnern bzw. Lerngruppen (online oder in Präsenz) sowie in den jeweiligen handlungsorientierten Seminaren bearbeitet wurden, ermöglicht.
Die Lernenden werden über den gesamten Lernprozess durch einen Lernbegleiter unterstützt. Eine zentrale Rolle spielte dabei die Veränderung der Rolle des bisherigen Trainers zum Entwicklungspartner der Teilnehmer. Während im Kickoff von ihm vor allem die Voraussetzungen für effiziente Selbstlernphasen geschaffen werden, ist er während der selbstgesteuerten Lernprozesse didaktisch-methodischer Unterstützer im Hintergrund und in den Seminaren vor allem Moderator und Experte (Coach). Er initiiert Reflexionen über die Selbstlernphase, leitet bei Bedarf Konfliktlösungs-Prozesse ein, erzeugt eine hohe Verbindlichkeit der individuellen Lernprozesse, klärt offene Fragen aus dem Themenspeicher und leitet Diskussionen zu den Präsentationen der Gruppen, bearbeitet mit der Gruppe bei Bedarf zielgerichtete Übungen oder Fallstudien sowie komplexe Prüfungsaufgaben und plant mit den Lernern jeweils wieder die folgende Selbstlernphase. Die Rolle des „Wissensvermittlers“ entfällt fast vollständig.
Das integrierte Lernkonzept eröffnet allen Teilnehmern durch die Vernetzung von webbasierten und präsenzbezogenen Lernmethoden einen hohen Grad an Flexibilität. Der Lernprozess orientiert sich damit zeitlich und inhaltlich konsequent an den Erfordernissen der Teilnehmern. Darüber hinaus führt die deutliche Senkung der Präsenzzeiten zu einer besseren Vereinbarkeit von Weiterbildungsmaßnahme und beruflichen Aufgaben.
Von den 11 Teilnehmern des Pilotkurses musste in der Abschlussprüfung lediglich einer in die Zusatzprüfung, obwohl im Regelfall 60 – 70 % der Prüflinge diesen Weg gehen müssen. Damit haben die Teilnehmer in einem Viertel der bisherigen Laufzeit ein deutliches besseres Ergebnis erzielt, als in konventionellen Vorbereitungskursen. Dies beweist die hohe Lerneffizenz von Blended Learning Kursen, wenn sie, wie im Fall der baden-württembergischen Genossenschaftsakademie, konsequent in Hinblick auf die Ermöglichung selbstorganisierten Lernens gestaltet werden. Dies erklärt sich vor allem durch die hohe Aktivität und zielorientierte Verbindlichkeit, die von den Lernern alleine und in Zusammenarbeit mit Lernpartnern vom ersten Tag an gefordert wird. Dass dabei innerhalb kurzer Zeit auch deutlich direkte und indirekte Kosten eingespart werden können, ist ein zusätzlicher Nutzen.