Eindrücke auf der Bitkom Knowtech 2012

Vergangene Woche konnte ich auf der Knowtech 2012 über unsere Überlegungen zu den künftigen Entwicklungen der Lernsysteme und -konzeptionen berichten. Gleichzeitig hatte ich Gelegenheit, mir die aktuellen Entwicklungen, insbesondere im Bereich semantischer Systeme zu betrachten.  Diese besitzen bereits eine beeindruckendende Leistungsfähigkeit, sind jedoch heute noch nicht in der Lage, wirkliche Lernpartnerschaften mit dem Computer zu ermöglichen. Nach den Vorhersagen der IT-Fachleute  soll dies aber in fünf bis zehn Jahren so weit sein.

Die moderne Informationstechnik ist zum Treiber der technologischen Entwicklung auf fast allen Gebieten geworden, führt zu Entwicklungsgeschwindigkeiten von Technik und Industrie, Kultur und Politik, die mit klassischem Vorratslernen überhaupt nicht mehr zu beherrschen sind. Solcherart wird die rasante Entwicklung der Produktivkräfte zum Motor revolutionärer Lernentwicklung.

Die moderne Informationstechnologie liefert aber zugleich die Mittel, die neuen Entwicklungen doch und wieder zu beherrschen. Indem sie nämlich zu „Computern wie Menschen“ führt,  die zu echten Denk-, Gefühls-, Entscheidungs- und Handlungspartnern der Lerner werden. Wir nennen diese zukünftigen, menschenähnlich agierenden  Rechner Human Computer (auch Humancomputer, humanoider Computer). Sie stehen aufgrund ihrer Kapazität und Komplexität größenordnungsmäßig dem menschlichen Gehirn nahe, weisen wie viele komplexe Systeme ein hohes Maß an Selbstorganisation auf und umfassen eine Form spezifischer, wertender Emotionalität in einem doppelten Sinne. Sie sind dafür entworfen worden, emotionsanaloge Aktionen und Reaktionen zu entwickeln und stellen dadurch eine emotionale Nähe zum Lerner her.

Mit der Bezeichnung Human Computer wollen wir ausdrücken, dass sie, ähnlich wie Menschen, Problemstellungen erfassen, analysieren, bewerten und unter Nutzung der Möglichkeiten des Netzes lösen können. Sie haben eigene Meinungen, die sie auch kritisch äußern und entwickeln von sich aus Lösungsvorschläge. Dabei nutzen sie ihr Erfahrungswissen aus früheren Entscheidungen des Lerners, so dass sie im Laufe der Zeit auch dessen emotionalen und motivationalen Wertungen und dessen Wertesystem verinnerlichen und in ihre Vorschläge mit einbeziehen. Es wird dadurch möglich sein, Kompetenzentwicklung mit Hilfe des Lernpartner Computer auf einem bisher nicht möglichen Niveau zu optimieren.

Stellen sich schon heute bei Coaching – Prozessen oft gegenseitige Beziehungen ein, die man zutreffend als Co – Coaching bezeichnen kann, resultiert nun ein Computer – Co-Coaching, das heißt, der Computer übernimmt die Rolle eines Coachs, ist nicht mehr nur technischer Gehilfe, Gerät, Instrument, sondern Lernpartner im eigentlichen Kompetenzentwicklungsprozess.  Human Computer ermöglichen Kompetenzentwicklung im Netz mit Computer-Co-Coaching. Zugleich rückt das viel zitierte, oft missverstandene duale Lernen in eine völlig neue Perspektive. Schon heute werden in vernünftigen beruflichen Bildungsprozessen die eigentlichen Kompetenzen im Prozess der Arbeit erworben. Das Lernen im Prozess der Arbeit überrollt alles bloß schulartige Lernen. Wissen wird im Handeln geboren und dient dem Handeln. Unter den neuen Bedingungen der digitalen Produktivkräfterevolution stehen jetzt aber zwei Lerner, der Mensch und der Human Computer, dem Arbeitsprozess gegenüber, erwerben Wissen und mit ihm die Grundlage für Kompetenzen, die sie untereinander austauschen und handelnd reflektieren. Eine neue Art von Lernhandeln etabliert sich. Wir nennen dies triales Lernen.


 

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