Job Rotation für nachhaltige Werte- und Kompetenzentwicklung

Kompetenzentwicklung

Werte und Kompetenzen können nur selbst handelnd, selbstorganisiert in realen Entscheidungssituationen im Prozess der Arbeit („Workplace Learning“) angeeignet werden. Wenn Mitarbeiter zum Ziel haben, bestimmte Werte und Kompetenzen grundlegend zu verändern, kann es deshalb sinnvoll sein, sie mit grundlegend neuen Herausforderungen, auch längerfristig, zu konfrontieren. Hierfür bietet sich Job Rotation als Methode der gezielten Werteentwicklung von Persönlichkeiten an.

Begriff

Job Rotation wird sehr vielfältig und unterschiedlich definiert. Die weiteste Definition ist der planvolle Einsatz von Mitarbeitern in wechselnden Tätigkeitsbereichen. Dabei wird als Kennzeichen hervorgehoben, dass der jeweilige Mitarbeiter die neue Aufgabe voll verantwortlich ausübt.

Im Kontext der persönlichen Werte- und Kompetenzentwicklung legen wir folgende Definition zugrunde:

Job Rotation ist der geplante Arbeitsplatzwechsel zum selbstorganisierten Aufbau von Werten und neuen Kompetenzen in grundlegend veränderten Herausforderungen, die subjektivierendes Handeln der Mitarbeiter ermöglichen.

Zeigt beispielsweise ein Mitarbeiter durch seinen täglichen Umgang mit Kollegen ausländischer Herkunft deutlich, dass seine ethisch-moralischen Werte, insbesondere der Wert Respekt, gering ausgeprägt sind, kann ein mehrmonatiger Einsatz im Herkunftsland dieser Kollegen eine grundlegende Veränderung bewirken. Dort wird sich der Mitarbeiter tagtäglich der Herausforderung stellen müssen, in dieser fremden Kultur mit den Menschen, die dort leben, zielführend zusammen zu arbeiten, aber auch seine Freizeit zu verbringen. Diese Erfahrungen und Erlebnisse wird er nur dann erfolgreich bewältigen können, wenn er ihnen mit Respekt entgegentritt, d. h. seine Werte entsprechend entwickelt, und neue Kompetenzen bei der Bewältigung der dortigen Herausforderungen aufbaut.

Will ein anderer Mitarbeiter seinen Wert Gemeinnutz steigern, kann ein „Seitenwechsel“ eine Entwicklungsmöglichkeit sein. Mitarbeiter werden dabei in einer sozialen Einrichtung tätig und erleben damit einen radikalen Perspektivenwechsel sowie eine Erweiterung ihres Horizontes.  Die Teilnehmer entwickeln ihre Sensibilität für psychische Herausforderungen der Menschen und korrigieren evtl. Vorurteile, gleichzeitig buaen sie vor allem Ihre sozial-kommunikativen Kompetenzen auf.

Job-Rotation kann unterschiedliche Ausprägungen haben.  Manche Mitarbeiter wechseln regelmäßig und zeitlich begrenzt in neue Herausforderungen.  Dies kann im Rotationsprinzip erfolgen, wie in Trainee-Programmen, in denen die Trainees mehrere Stationen durchläuft. Es kann aber auch eine komplexe Projektarbeit sein, die für eine n bestimmten Zeitraum grundlegend neue Aufgaben übernehmen. Teilweise wird die Job Rotation auch als Rollentausch gestaltet, bei dem Mitarbeiter wechselseitig Aufgaben anderer Mitarbeiter  übernehmen.

Dabei geht es nicht um Lernprozesse auf der kognitiven Ebene, sondern um Erfahrungen mit Menschen in fremden Umgebungen. Dabei werden zwangsläufig die eigenen Werte auf den Prüfstand gestellt. Tabuthemen wie z. B. Armut in unserer Gesellschaft, alltägliche Gewalt oder Drogen- und Alkoholkonsum konfrontieren die Mitarbeiter mit gesellschaftlichen relevanten Fragen.

Praktisches Vorgehen

Job Rotation mit dem Ziel der Werte- und Kompetenzentwicklung von Mitarbeitern wird nur dann wirksam werden, wenn der Mitarbeiter einer grundlegend veränderten Herausforderung ausgesetzt wird. Im Einzelnen sollten folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Das Konzept der Job Rotation sollte vorab offen mit allen Beteiligten kommuniziert werden.
  • Der Mitarbeiter plant seine Werte- und Kompetenzentwicklung mit Hilfe eines professionellen Entwicklungsberaters selbst.
  • Die Rotation dauert in der Regel mehrere Monate, um einen nachhaltigen Wertewandel und Kompetenzaufbau zu ermöglichen. Manche Organisationen dehnen die Job Rotation bis zu einer Dauer von fünf  Jahren aus.
  • Der Mitarbeiter formuliert seine individuellen Werte- und Kompetenziele und vereinbart auf dieser Grundlage mit seiner Führungskraft eine passende Herausforderung für die Job Rotation.
  • Die Herausforderung kann innerhalb der vereinbarten Zeit der Job Rotation bewältigt werden.
  • Der Mitarbeiter wird in ein Entwicklungsarrangement eingebunden, das seine selbstorganisierte Werte- und Kompetenzentwicklung ermöglicht. Hierzu gehören insbesondere ein Ermöglichungsrahmen sowie das Coaching durch einen erfahrenen Lernbegleiter.
  • Die neuen Kollegen sind in den Prozess der Job Rotation eingebunden und empfinden diese als Bereicherung. Die neue Führungskraft übernimmt eine Mentorenrolle und flankiert damit diesen Werteentwicklungsprozess.

Die Verinnerlichung von Werten ist der Schlüsselprozess der Werteaneignung im Rahmen des Kompetenzaufbaus während der Job Rotation. Es gibt kein kompetentes Handeln ohne Werte – Werte konstituieren kompetentes Handeln in der neuen Herausforderung.

Photo by Paul Skorupskas on Unsplash

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