Kompetenzorientiertes Wissensmanagement

Die Idee des Wissensmanagement wurde vor etwa 25 Jahren in Wissenschaft und Praxis euphorisch aufgenommen, entwickelt, implementiert und exerziert, versank dann aber rasch in einer Ernüchterungsphase um die Jahrtausendwende. Das ursprüngliche Ziel, innerhalb einer Organisation eine allgemeingültige und anwendbare Wissensbasis für alle möglichen Herausforderungen, quasi auf Knopfdruck, abrufbar zu haben ist auf diesem Weg jedoch schlicht nicht umsetzbar. DEr wesentliche Grund liegt darin, dass diese Prozesse  nicht top-down verordnet werden können, da sie eine grundlegende Änderung der Denk- und Handlungsweisen aller Beteiligten erfordern. Dieser naiven Vorstellung steht weiterhin die Erfahrung entgegen, dass keine Problemstellung der anderen gleicht. Die Rahmenbedingungen ändern sich permanent, aber auch die Lösungsmöglichkeiten entwickeln sich aufgrund neuer Technologien oder veränderter Rahmenbedingungen. Entscheidend ist jedoch, dass explizites Wissen im engeren Sinn im Regelfall nicht ausreicht, um Herausforderungen in der Praxis zu lösen.

Insbesondere der Megatrend der Digitalisierung verändert die Arbeitswelten, die Unternehmens- und Wissenskulturen sowie die dazugehörigen Führungsverständnisse. Die wichtigste Aufgabe des zukünftigen Human Resource Managements (HRM) wird deshalb das Kompetenz- und Wissensmanagement sein.[1] Wissensmanagement in diesem weiteren Sinne in der zweiten Generation ist kompetenzorientiert und umfasst neben dem Wissen im engeren Sinn Werte, Regeln, Normen und Erfahrungen. Hinzu kommen Gefühl, Intuition und Kreativität beim Umgang mit Information und Wissen. Wissen wird mit Werthaltungen verknüpft.[2] Nicht mehr die Wissensspeicherung, sondern der Wissensfluss kennzeichnet Wissensmanagementsysteme in der erweiterten Form. Diese bildet die notwendige Grundlage für einen gezielten Kompetenzaufbau der Mitarbeiter im Sinne der Fähigkeit, Problemstellungen im Arbeitsprozess selbstorganisiert und kreativ lösen zu können.

Deshalb benötigen die Unternehmen Lernsysteme, die kompetenzorientiertes Wissensmanagement „bottom-up“ im Unternehmen ermöglichen. Kompetenzentwicklungssysteme erhöhen die Chance der Durchsetzung eines kompetenzorientiertes Wissensmanagements deutlich, da die Mitarbeiter in überschaubaren und gleichzeitig herausfordernden Projekten und in ihrem individuellen Arbeitsbereich den Nutzen der Weitergabe und der gemeinsamen Verarbeitung von Wissen erfahren. Dabei bauen sie auf dem Erfahrungswissen und den Lösungsansätzen auf, die bereits im Vorfeld entwickelt worden sind.

Unsere Handlungsempfehlungen für die Einführung eines kompetenzorientierten Wissensmanagements umfassen deshalb folgende zehn Punkte:

  1. Verleihen Sie der Kompetenzorientierung und dem Wissensmanagement in ihrem Unternehmen Bedeutung, indem sie diese in der Vision und in der Unternehmensstrategie verankern, transparent machen und konsequent leben.
  2. Ermöglichen Sie es ihren Mitarbeitern, ihre Kompetenzziele auf Basis der Kompetenzprofile und -messungen selbstorganisiert in Abstimmung mit ihren Führungskräften zu definieren.
  3. Initiieren Sie eine laufende, unternehmensweite Kompetenzerfassung und –transparenz, um Wissensträger auffindbar und ansprechbar zu machen.
  4. Ermöglichen Sie das kollaborative Arbeiten und Lernen im Netz(-werk) (Social Workplace Learning) durch die Bereitstellung eines Ermöglichungsrahmens für kompetenzorientiertes Lernen.
  5. Ermöglichen und fördern Sie die Kommunikation im Netz, insbesondere durch das Angebot, Communities of Practice selbstorganisiert zu gestalten.
  6. Ermöglichen Sie den selbstorganisierten Aufbau der Meta-Kompetenz zur aktiven Mediennutzung und zur
  7. Implementieren Sie ein Wissensmanagement-Tool als wesentliches Element eines Ermöglichungsrahmens, das allen Mitarbeitern und Führungskräften die Möglichkeit bietet, ihr eigenes Erfahrungswissen in den Wissensmanagement-Prozess einzubringen sowie das Erfahrungswissen ihrer Kollegen lösungsorientiert zu nutzen und gemeinsam weiter zu entwickeln.
  8. Entwickeln Sie ein kompetenzorientiertes Lernarrangement, das formelles Lernen, z.B. mit E-Learning und Blended Learning, sowie informelles Lernen im Prozess der Arbeit und im Netz ermöglicht.
  9. Fördern Sie die intrinsische Motivation der Mitarbeiter durch die Übertragung von herausfordernden Aufgaben.
  10. Gestalten Sie das Projekt zur Entwicklung und Implementierung eines kompetenzorientierten Wissensmanagements als Veränderungsprojekt.

[1] Chachelin, J.L. (2013) S. 16 -19

[2] vgl. Reinmann-Rothmeier, G.;  Mandl, H. (1999)

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