Nachhaltige Integration mit interkultureller Kompetenzentwicklung

Im Zuge der Flüchtlingswelle gewinnt die Herausforderung der Integration von Mitarbeitern mit einem fremden kulturellen Hintergrund, die wir bereits aus internationalen Unternehmen kennen, zunehmend auch in nationalen Unternehmen an Bedeutung. Es ist zu erwarten, dass die zuständigen Ministerien und Behörden bald massenweise Seminare ausschreiben, in denen die neuen Bürger unsere Werte „vermittelt“ bekommen und sich in unsere Gesellschaft und Arbeitswelt integrieren sollen. Trotz der unzähligen Erfahrungen, beispielsweise der nach Wende in Osteuropa, die zeigen, dass solche „Lernmaßnahmen“ unwirksam und sinnlos sind, glaube ich nicht, dass sich daran etwas ändert. Die entsprechende „Goldgräber-Stimmung“ ist bereits deutlich zu spüren.

Wenn diese Maßnahmen aber nicht nur den Bildungsanbietern, sondern auch der Zielgruppe und den Unternehmen helfen sollen, dann ist ein Paradigmenwechsel erforderlich, so dass eine nachhaltige, interkulturelle Kompetenzentwicklung im Arbeitsprozess ermöglicht wird, die sowohl Migranten als auch deutsche Arbeitnehmer mit einbezieht.

Gelebte Interkulturalität kann nur dann gelingen, wenn Werte der „fremden“ Kultur in einem Interaktionsprozess angeeignet und damit den eigenen Wertbezügen eingegliedert werden. Sie müssen deshalb

  1. bekannt gemacht und gelernt werden, indem sie zur eigenen Handlungsfähigkeit in interkulturellen Herausforderungen entwickelt werden,
  2. es sind in einem „Ermöglichungsraum“ zum Kompetenzaufbau individuelle Präferenz- und Entscheidungssituationen zu initiieren, die zu jener emotionalen Labilisierung führen, die erst die Aneignung fremdkultureller Werte ermöglichen,
  3. das Handeln muss von der sozialen Bezugsgruppe als Erfolg bewertet werden,
  4. durch Kommunikation, Reflexion und Normierung müssen die neugewonnenen Werte und Normen sozialfunktional dem bisherigen Werte- und Normensystem eingegliedert werden.

Mitarbeiter in internationalen Unternehmen, aber zunehmend auch in nationalen Unternehmen, müssen sich zunehmend in einer Umgebung zurechtfinden, in der Menschen unterschiedlichster Herkunft mit verschiedenen Denkmustern, Wertvorstellungen, Kommunikations- und Verhandlungsstilen aufeinander treffen. Immer häufiger arbeiten Mitarbeiter mit Migrations-Hintergrund und deutsche Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Arbeitsprozesse kollaborativ zusammen. Es leuchtet deshalb ein, dass dafür formales Lernen in Seminaren nicht genügt, sondern kollabarative Lernprozesse, die nur selbstorganisiert möglich sind, benötigt werden.

Dabei bildet die eigene Kultur der Teilnehmer einen Orientierungsrahmen, der Selbstsicherheit und Identität verleiht. Interkulturelle Kompetenz ist damit eine Querschnittskompetenz, die für die erfolgreiche, internationale oder multikulturelle Unternehmenstätigkeit zwingend notwendig geworden ist und somit eine Voraussetzung für den Erfolg im Arbeitsprozess bildet.

Verallgemeinernd kann unter interkultureller Kompetenz die Befähigung verstanden werden, aufgeschlossen gegenüber Neuem, bisher Unbekannten, insbesondere zu fremden Kulturen, zu sein, sich auf neue Menschen und Situationen einstellen zu können und dabei persönlich hinzuzulernen, in interkulturell geprägten Situationen mit Angehörigen verschiedener ethnischer Gruppen und in fremdkultureller Umgebung zu kommunizieren, um effektiv und professionell tätig werden zu können.

Notwendige Voraussetzung dafür ist interkulturelles Wissen, das es den Mitarbeitern ermöglicht, in interkulturellen Herausforderungen selbstorganisiert angemessen und effektiv zu handeln.

Interkulturelle Kompetenzen können nicht in Seminaren oder Rollenspielen „vermittelt“ werden. Vielmehr ist ein Lernarrangement erforderlich, das auf realen, interkulturelle Herausforderungen basiert, die gemeinsam mit Mitgliedern der jeweils anderen Unternehmenskultur bearbeitet und bewältigt werden. Erst in der direkten Auseinandersetzung mit Menschen aus anderen Kulturen können interkulturelle Kompetenzen tatsächlich aufgebaut werden.

In einem internationalen Projekt haben wir in enger Zusammenarbeit mit Prof. Dr. John Erpenbeck sowie interkulturellen Kulturwissenschaftlern ein Social Blended Learning Arrangement zum selbstorganisierten Aufbau interkultureller Kompetenzen entwickelt, das interkulturelle Lernprozesse von Teilnehmern aus verschiedenen Kulturen am Arbeitsplatz und/oder im Netz im Rahmen von herausfordernden Praxisprojekten ermöglicht. Damit ist es möglich, bedarfsgerechtes, interkulturelles Handeln der Mitarbeiter auf breiter Ebene nachhaltig zu fördern. Dies sichert die Integrationsprozesse auf internationaler und regionaler Unternehmensebene.

Auf Basis des KODE®X Atlas nach Erpenbeck/Heyse entwickelte ein Projektteam aus Vertretern internationaler Unternehmen, Kulturwissenschaftlern und Kompetenzentwicklungsexperten unter wissenschaftlicher Leitung von Prof. Dr. John Erpenbeck ein Kompetenzmodell mit den Schwerpunkten im personalen und sozial-kommunikativen Bereich. Dieses bildet die Grundlage für einen Prozess der interkulturellen Kompetenzentwicklung, der eine nachhaltige Integration von Migranten im Arbeits- und damit auch im Gesellschaftsprozess ermöglicht.

Das Richtziel dieser Entwicklungsmaßnahme besteht darin, die Handlungssicherheit der ausländischen Mitarbeiter im täglichen Umgang mit den deutschen Kollegen, aber auch umgekehrt die Fähigkeit der deutschen Kollegen im Umgang mit den neuen Arbeitspartnern, nachhaltig aufzubauen.

Deshalb werden individuelle Kompetenzziele angestrebt, die sich immer in den Handlungen der Menschen niederschlagen und deshalb nicht vermittelt werden können. Es ist jedoch möglich, die Mitarbeiter zielgerichtet dabei zu unterstützen, diese Kompetenzen im Rahmen von Praxisaufgaben und Projektaufträgen selbstorganisiert aufzubauen. Vorab erfolgt einer fundierte, online-basierten Selbsteinschätzung der interkulturellen Kompetenz, die auf dem Ansatz von KODE®X fußt. Die Zielkorridore werden, je nach Zielgruppe bzw. Bildungsgrad, unterschiedlich ausgeprägt sein.

Den „Roten Faden“ der Lernprozesse bilden Entwicklungs- bzw. Integrationsprojekte, die parallel zum jeweiligen Kurs bearbeitet werden. Das Entwicklungsprogramm zum Aufbau interkultureller Kompetenzen wird deshalb nach unserem Vorschlag als Social Blended Learning Arrangement mit monatlichen Workshops und ergänzenden Webinaren zum Erfahrungsaustausch gestaltet, das folgende Grundstruktur aufweist. Wir gehen in unserem Vorschlag von einem sechsmonatigen Entwicklungsprogramm aus:

  • In der Vorphase der Entwicklungsmaßnahme werden in einem Entwicklungsgespräch zwischen der Lernbegleiter und den Teilnehmern die Kompetenzziele, die Praxisaufgaben und -projekte sowie die erforderlichen zeitlichen, finanziellen oder personellen Ressourcen verbindlich vereinbart. Es werden jeweils Lerntandems aus einem ausländischen und einem inländischen Mitarbeiter gebildet, die diese Herausforderungen in einem gemeinsamen Lernprozess gemeinsam bewältigen und dabei ihre interkulturellen Kompetenzen aufbauen. Damit muss sich jeder Teilnehmer bereits während der Entwicklungsmaßnahme mit einem Vertreter der jeweils anderen Kultur persönlich auseinandersetzen.
  • Bei Bedarf wird der jeweilige Vorgesetzte durch den Lernbegleiter mit einbezogen. Die Basis für diese Vereinbarung bildet dabei die Kompetenzmessung in Form einer Selbsteinschätzung.
  • Im Kickoff stellen sich die Teilnehmer der Entwicklungsmaßnahme mit Ihrem Projekt vor und lernen das Lernsystem sowie seine Anforderungen kennen. Sie treffen verbindliche Vereinbarungen zu den einzelnen Lernschritten mit dem Lernpartner und in der Lerngruppe.
  • Die individuellen Entwicklungsphasen der einzelnen Teilnehmer werden jeweils durch die gemeinsame kooperative Bearbeitung der Web Based Trainings sowie die selbstorganisierte, kollaborative Bewältigung der vereinbarten Praxis- und Projektaufgaben bestimmt. Diese bilden jeweils den „Roten Faden“ der individuellen Kompetenzentwicklungsmaßnahmen. In seinem Lerntagebuch reflektiert jeder Teilnehmer jeweils seine Praxiserfahrungen der vergangenen Woche, bespricht offene Fragen in der Lerngruppe und entwickelt bei Bedarf kollaborativ Lösungen für aktuelle Herausforderungen (Social Learning).

Das Basiswissen wird begleitend über sechs WBT in deutscher und/oder englischer Sprache von jeweils ca. 2 h Lernzeit „on-demand“ aufgebaut, die gemeinsam mit einem Lernpartner, der aus der jeweils anderen Kultur, die für den Lerner relevant ist, stammt, bearbeitet werden:

  • WBT-Reihe Kultur begreifen – Comprehending Culture
  • WBT-Reihe Kultur lokalisieren – Locating Culture
  • WBT-Reihe Kultur und Wahrnehmung – Culture and Perception
  • WBT-Reihe Kultur und Kommunikation – Culture and Communication
  • WBT-Reihe Kultur und Handeln – Culture and Action
  • WBT-Reihe Interkulturelle Kompetenz verinnerlichen – Internalizing Intercultural Competence

Wissensaufbau und Qualifikation werden mit verschiedenen Übungen sowie Reflexionen über das eigene interkulturelle    Handeln ermöglicht. Diese Lernprogramme vermitteln ein grundlegendes Verständnis der Kulturen, indem sich die Lerner über Reflexionen der Besonderheiten der eigenen sowie fremder Kulturen bewusst werden und beginnen, Gemeinsamkeiten zu suchen, aber auch Unterschiede zu würdigen. Dies ist die notwendige Voraussetzung für angemessenes und effektives Handeln im interkulturellen Kontakt. Neben der Wissenserarbeitung über Wissensmodule, aktuelle Links und Übungen lösen die Lerner mit ihrem Tandempartner Transferaufgaben, bearbeiten Reflexionen sowie Selbsteinschätzungen und entwickeln in der Kommunikation mit der Lerngruppe ihr persönliches Kulturprojekt weiter.

Die Lernpartner mit unterschiedlichen Kulturhintergründen bearbeiten die Web Based Training nach gemeinsamer Vereinbarung oder bei Bedarf, klären zusammen die offenen Fragen, die sich aus den Lernprogrammen ergeben und tauschen ihre Ergebnisse aus den Transferaufgaben aus. Dabei wird es Missverständnisse und evtl. schwierige Situationen geben, die die Lernpartner gemeinsam auflösen müssen. Dies ist der erste Schritt zum Aufbau der interkulturellen Kompetenz. Damit werden Fähigkeiten und Wertvorstellungen entwickelt, die es ermöglichen, mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen angemessen und effektiv zu agieren.

  • Über die Soziale Kompetenzentwicklungs-Plattform können sich die Teilnehmer mit den Lernpartnern und dem Lernbegleiter austauschen. In wöchentlichen Jourfixes mit dem Lernpartner sowie in ihrer Lerngruppe klären sie offene Fragen, so dass sie bei der Entwicklung von Lösungen schrittweise die Verantwortung für ihre persönliche Kompetenzentwicklung übernehmen können. In ihrem E-Portfolio dokumentiert jeder Lerner seine persönliche Lernerfahrungen und weitere Ergebnisse aus den individuellen Lernprozessen.
  • In den monatlichen Praxis-Workshops in den Webinaren dazwischen reflektieren die Teilnehmer gemeinsam mit dem Lernbegleiter regelmäßig ihre bisherigen Lernerfahrungen, klären offene Fragen aus dem Themenspeicher, den sie bei Bedarf mit ihren Fragen füllen, bzw. aus den Projekttagebüchern und diskutieren Praxisprobleme miteinander, mit dem Lernbegleiter und bei Bedarf mit Experten. In diesen Rahmen können auch Übungen, z.B. Rollenspiele durchgeführt werden. Am Schluss treffen die Teilnehmer jeweils verbindliche Vereinbarungen für die nächste Selbstlernphase.
  • Im Abschluss-Workshop präsentieren die Teilnehmer im Beisein ihrer Vorgesetzen ihre Projektergebnisse und diskutieren mögliche Umsetzungsprojekte in Folge dieser Entwicklungsmaßnahme.
  • Für die Transferphase bilden die Teilnehmer selbstorganisierte Communities of Practice (CoP), in denen sie sich regelmäßig treffen, um ihr Netzwerk weiter auszubauen und offene Fragen aus der Praxis zu klären.

Mit diesem kompetenzorientierten Ansatz der interkulturellen Kompetenzentwicklung und Integration ausländischer Mitarbeiter wird eine Konzeption umgesetzt, die bei den Teilnehmern ein hohes Engagement und eine starke Teamorientierung initiiert und damit eine nachhaltige Integration ermöglicht.

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