Der Paradigmenwechsel des Lernens wird durch zwei Sachverhalte ausgelöst, die beide mit der exponentiellen Entwicklung der Digitalisierung zusammenhängen:
- Erstens ist die moderne Informationstechnik zum Treiber der technologischen Entwicklung auf fast allen Gebieten geworden, führt zu Entwicklungsgeschwindigkeiten von Technik und Industrie, Kultur und Politik, die mit klassischem Vorratslernen überhaupt nicht mehr zu beherrschen sind.
- Zweitens liefert die moderne Informationstechnologie, zugleich die Mittel, die neuen Entwicklungen mit Hilfe innovativer Lernarrangements zu beherrschen.
Die überwiegende Mehrheit der Lernarrangments in Unternehmen und bei überbetrieblichen Bildungsanbietern basiert aber nach wie vor auf Seminarreihen, in denen viel Wissen dargeboten und in Fallstudien, Rollenspielen oder anderen Übungen angeblich gefestigt wird. Es ist jedoch eines der größten Probleme von seminaristischen Fach- und Führungstrainings, dass viele Informationen dargeboten werden und kaum Kompetenzen entwickelt werden. Kompetenzentwicklung setzt aber voraus, dass die Lerner in realen Entscheidungssituationen in ihrem Arbeitsprozess oder in Projekten, Widersprüche, Konflikte oder Verunsicherungen schöpferisch verarbeiten und so zu neuen Emotionen und Motivationen gelangen.
Kompetenzen werden zu zentralen Zielen von Lernprozessen, die im Prozess der Arbeit, in Projekten und im Netz stattfinden.
Learning Professionals erhalten damit die Aufgabe, zukünftig Lernsysteme zu entwickeln und Rahmenbedingungen zu schaffen, die es den Mitarbeitern und Führungskräften ermöglichen, im Prozess der Arbeit und im Netz ihre individuellen Kompetenzentwicklungs-Prozesse in digital gestützten Lernarrangements selbst organisiert zu gestalten. Dabei werden sie von Lernpartnern („Co-Coaching“) und Learning Professionals begleitet.
Dieser Paradigmenwechsel führt zwangsläufig dazu, dass die Verantwortung dafür, was, wann, wo und wie gelernt wird, nicht mehr primär bei der Personalentwicklung oder den Trainern, sondern in erster Linie bei den Mitarbeitern selbst liegt. Diese Abkehr von der Illusion der „Belehrung“ erfordert eine kompetente Begleitung der Lerner mit ihren spezifischen Voraussetzungen und Erwartungen sowie Fragestellungen und Herausforderungen. Damit entwickelt sich ein völlig neues Anforderungsprofil für die bisherigen Bildungsplaner sowie Trainer und Dozenten. Die Lernsituation wird nicht mehr vom Inhalt sondern aus dem Fokus des Lernenden als Ermöglichungsrahmen gestaltet werden. Die Lernplaner konzentrieren sich nicht mehr auf die detaillierte Planung eines gemeinsamen Lehr-/Lernprozesses, sondern auf die Ermöglichung des Aufbaus von Wissen und Kompetenzen in individuellen, selbstorganisierten Lernprozessen.
Deshalb müssen Learning Professionals die Kompetenz aufbauen, E-Learning, Blended Learning und kompetenzorientierte Social Blended Learning Arrangements professionell zu gestalten und bedarfsgerecht zu begleiten.
Die pädagogischen Experten benötigen neben ihrer analytischen und konzeptionellen Kompetenz die Fähigkeit, Lernlösungen für die einzelnen Lernarrangements rasch und effizient zu entwickeln, umzusetzen und zu optimieren. Dies kann jedoch nicht in Seminaren erlernt werden, da die zukünftigen Learning Professionals innovative Lernarrangements zunächst als Lerner selbst erleben müssen, um dann diese Erfahrungen auf die Gestaltung und Begleitung der selbstorganisierten Lernprozesse ihrer Zielgruppe anzuwenden.
Es hat sich in hohem Maße bewährt, diese Kompetenzentwicklung im „Doppel-Decker“-Prinzip durchzuführen. Die Teilnehmer erfahren dabei ein innovatives Social Blended Learning System zum Thema innovatives Lernen als Lerner, bearbeiten aber parallel ein herausforderndes Bildungsprojekt mit dem Ziel, eine innovative Lernlösung selbst zu entwickeln. Durch diesen Perspektivwechsel und den laufenden Austausch mit Lernpartnern und dem Lernbegleiter wird dieser Kompetenzaufbau gezielt ermöglicht. Gleichzeitig entstehen innovative Lernlösungen, die in den ersten Pilotprojekten umgesetzt und evaluiert werden können.
Gemeinsam mit Jörg Wachsmuth (e-doceo) stelle ich diesen innovativen Lösungsansatz auf der Personal Süd im Praxisforum 2 vor:
„Aufbau von Blended Learning Kompetenzen für Learning Professionals“ im Praxisforum 2, 11. Mai 2016, 9.30 Uhr bis 10.00 Uhr.