Vor allem in der digitalisierten Arbeitswelt finden disruptive Innovationen gehäuft statt. Diese Innovationen verdrängen und zerstören erbarmungslos bisherige Technologien, Vertriebsmodelle und Märkte. Damit die Menschen in der Lage sind, mit diesen radikalen Veränderungen und den zunehmend „klüger“ werdenden Maschinen sinnvoll umzugehen, benötigen sie entsprechende Kompetenzen; sie entwickeln sich zu Kompetenzarbeitern. Die neuen Geschäftsmodelle der Weiterbildung müssen deshalb diesen Entwicklung gerecht werden.
Wir erfahren deshalb in immer mehr Unternehmen einen teilweise dramatischen Wandel der Geschäftsmodelle betrieblicher Bildung hin zu innovativen, agilen Lernarrangements, bei denen Arbeiten und Lernen tendenziell zusammen wachsen (vgl. u.a. das Projekt Next Education der Deutschen Bahn AG – Eckelt & Sauter 2016).
Agile Weiterbildungssysteme werden häufig durch Grundsätze nach dem „Agile Manifest“ (Manifesto for Agile Software Development) bestimmt:
- Die Lerner sowie ihre Kommunikation und Kollaboration stehen über den Prozessen und Werkzeugen,
- der Lernfortschritt steht über umfangreicher Dokumentation, z. B. Vorratswissen,
- die Zusammenarbeit mit den Lernern steht über der Verhandlung von Verträgen,
- das Reagieren auf Veränderungen im Arbeitsprozess steht über dem Befolgen eines Plans.
Daraus leiten sich die veränderten Rollen in agilen Lernprozessen, angelehnt an Scrum, ab (in Anlehnung an Hoehne 2017):
Auftraggeber („Product Owner“): Führungskraft
- Legt in Absprache mit seinen Mitarbeitern auf Basis seiner Kompetenzmessungen seine Arbeits- bzw. Projektaufträge fest und definiert damit das Lernfeld
- Stellt die Rahmenbedingungen für die selbstorganisierten Kompetenzentwicklungs-Prozesse seiner Mitarbeiter sicher
- Stellt als Entwicklungspartner (Mentor) seiner Mitarbeiter die notwendigen Kontakte innerhalb und außerhalb des Unternehmens her, z. B. zum Management oder zu Experten.
- Bewertet die Ergebnisse der Praxis- und Projektaufgaben (Performanz)
Coach („Scrum Master“): Professionelle Lernbegleiter
- Beratung bei Kompetenzmessungen und Unterstützung bei der Definition bzw. Anpassung individueller Kompetenzziele
- Didaktisch-methodische und fachliche Unterstützung der Lerner, evtl. mit Hilfe von Experten
- Moderation der Lernprozesse ( z. B. in Kickoffs und in Workshops bzw. Webinaren) und Reflexionen
- Gibt als Coach Rückmeldungen zu Fragen, Ausarbeitungen oder Ergebnissen
- Laufende Optimierung des Lernrahmens
Team: Lernpartner
- Vereinbarung persönlicher Entwicklungsziele in Sprints für Lernpakete (‚Inkremente‘)
- Kollaboratives Lernen in Lernpartnerschaften und -gruppen
- Regelmäßige gemeinsame Reflexion des Lernprozesses, z. B. in Jourfixe.
- Entwicklung von Lösungen in Communities of Practice
Das soziale Lernen spielt in agilen Lernsystemen eine zentrale Rolle. Die Lerner entscheiden, gemeinsam mit ihren Lernpartnern, selbst über das „Wie“ des Lernens. Dabei wird ein Prozess der iterativen Verbesserung der Lernprozesse und –tools konsequent auf zeitlich begrenzte Arbeitsphasen bezogen. Ein zentrales Instrument sind regelmäßige Reflexionen in den Lerngruppen sowie Communities zu den gemeinsamen Lernprozessen. Lernen ist damit kein passives Speichern von vorgetragenen Informationen mehr sondern ein aktives, selbstorganisiertes Konstruieren von Wissen und Kompetenzen.