Kompetenzentwicklung wird zunehmend ins Netz verlagert, weil immer mehr Arbeits- und Kommunikationsprozesse im Netz stattfinden. Deshalb ist Lernen im Netz ein zwingendes Merkmal zukünftiger Lernarrangements. Der Austausch von Erfahrungswissen und Problemlösungen in Netzwerken bildet den Kern dieser Entwicklungsprozesse. Die zunehmende Anwenderorientierung der Informationstechnologie führt dazu, dass sich auch die Instrumente des Arbeitens, des Lernens und der Kompetenzentwicklung immer mehr verbinden. Die Unternehmens-IT wird immer stärker durch Web 2.0-Anwendungen geprägt.[1] Web 2.0 bedeutet kein neues Internet, sondern eine veränderte Nutzung des Internet. Web 2.0 Anwendungen werden dann als Social Software bezeichnet, wenn sie Interaktionen innerhalb einer Nutzergemeinschaft gezielt unterstützen.[2] Deshalb muss sich die Unternehmenskultur so entwickeln, dass möglichst wenig hinderliche Strukturen und Hierarchien übrig bleiben und den Mitarbeitern viele Freiräume zum selbstorganisierten Arbeiten und Lernen, zur eigenen Kompetenzentwicklung, zur Verfügung gestellt werden.
Es entstehen informelle Autorennetzwerke ohne zentral vorgegebene bzw. fest definierte gemeinsame Ziele oder Interessen. Die Mitarbeiter und Führungskräfte können sich selbst darstellen und mit anderen kommunizieren. Beiträge und Kommentare werden mit ihrem Profil verknüpft und erhalten dadurch eine persönliche Note. Durch Freundschaften, Kontakte oder Follower werden die Profile miteinander verknüpft, es entstehen soziale Netzwerke in- und außerhalb der Unternehmen. Das organisationale Wissen der Unternehmung kann durchsucht und gefiltert werden. Es entwickelt sich ein Web of Applications mit Anwendungen, die ohne nennenswerten Aufwand genutzt werden können. Damit ermöglichen Web 2.0-Anwendungen das Finden, Herstellen und Vertiefen sozialer Kontakte und bringen die Menschen miteinander in Beziehung. Die Mitarbeiter werden aber auch mit den von ihnen erstellten Inhalten in Beziehung gebracht. Dies ermöglicht das Finden, Bewerten und die Nutzung von Inhalten.[3] Instrumente des Web 2.0 („Social Software“) gewinnen deshalb immer mehr an Bedeutung, weil sie den Wissensaustausch und die Kompetenzentwicklung in Netzwerken und über das Netz optimal fördern.
Die Zuordnung der einzelnen Instrumente zu Social Software ist nicht einheitlich. Meist werden jedoch vor allem Blogs, Wikis und Workpads für zeitgleiches, kollaboratives Arbeiten und Lernen im Netz dazu gerechnet. Über eine sogenannte Soziale Lernplattform, die sowohl formelles Lernen als auch informelles Lernen im Arbeitsprozss unterstützt, ist es möglich, Erfahrungswissen in verschiedenen Formaten zu dokumentieren und auszutauschen. Soziale Lernplattformen bieten zudem jedem Mitarbeiter über sein E-Portfolio einen persönlichen Zugang zu Sozialen Netzwerken der Unternehmung. Die Learning Professionals des Kompetenzmanagement initiieren und moderieren die notwendigen Veränderungsprozesse zur Einführung der Lernsysteme und beraten die Teilnehmer und deren Führungskräfte, aber auch Lerngruppen, in ihren selbstorganisierten Lernprozessen.
Zu einzelnen Themenbereichen oder Kompetenzprofilen werden im Unternehmen zunehmend spezifische Soziale Netzwerke angeboten. So gibt es in manchen Unternehmen beispielsweise Netzwerke für Mitarbeiter im Rechnungswesen, Vertriebsmitarbeiter, Führungsnachwuchskräfte oder für obere Führungskräfte. Daneben können die Lerner auch Mitglieder in unternehmensübergreifenden Netzwerken, sein, beispielsweise mit Fachkollegen, mit Lieferanten, mit Behördenvertreter oder mit Kunden, um ihren Horizont zu erweitern
Aus unseren Projekterfahrungen ergibt sich, dass es für alle Grundkompetenzen – personale, aktivitätsbezogene, fachlich-methodische und sozial-kommunikative – Methoden und Instrumente im Web 2.0 gibt, die eine oder mehrere davon stark berühren. Wir sehen vor allem, dass es keine Methoden und Instrumente gibt, die zur Kompetenzentwicklung prinzipiell ungeeignet sind.Ausgangspunkt dieser Lernprozesse zur Kompetenzentwicklung im Netz werden primär Problemstellungen im Prozess der Arbeit und in Praxisprojekten sein. Auf der Grundlage von Kompetenzprofilen definieren die Lerner in Absprache mit ihren Führungskräften individuelle Kompetenzziele und planen ihre personalisierten Lernprozesse eigenverantwortlich. Die regelmäßige Erfassung der Kompetenzentwicklung spielt dabei eine besondere Rolle, da damit eine dynamische Anpassung der persönlichen Lernziele ermöglicht wird.
Die Aufteilung zwischen Wissensvermittlung, Qualifizierung und Kompetenzentwicklung wird zukünftig zugunsten einer integrierten Kompetenzentwicklung aufgelöst werden, bei der formelles und informelles Lernen zunehmend problemorientiert miteinander verknüpft werden. Das Lernen auf Vorrat wird an Bedeutung verlieren. Lernen wird damit bedarfsgerecht, effizienter, spannender und kommunikativer.
Unsere Behauptung, Social Software ist Kompetenzlernsoftware findet so ihre konkrete Bestätigung.
[1] vgl. Meeker, M., Wu, L. (2013)
[2] vgl. Koch, M.; Richter, A. (2. Aufl. 2009)
[3] ebenda S. 54 ff.
[4] vgl. Baumgartner, P., Bauer, R. (2012), S. 383 ff
[5] vgl. Bisovsky, G., Schaffert, S. (2009)