Kompetenzmanagement wird häufig immer noch als Talentmanagement verstanden, bei dem man versucht, High Potentials zu identifizieren und gezielt zu entwickeln. Dabei zeigt doch die aktuelle Entwicklung zum Fachkräftemangel, dass wir jeden Mitarbeiter als Talent sehen müssen. Angesichts der zunehmenden Automatisierungen und neuester Technologien gewinnt in diesem Kontext die Frage an Bedeutung, wie wir morgen arbeiten und lernen werden. Welche Konsequenzen ergeben sich aus der verstärkten Rolle von Computersystemen im Arbeitsprozess für die menschliche Arbeit und welche Konsequenzen leiten sich daraus für das Management der Kompetenzen in der Zukunft der Enterprise 2.0 und des Social Business ab. Diese Frage versucht der Ansatz des strategieorientierten Kompetenzmanagements 2.0 zu beantworten.
Strategieorientiertes Kompetenzmanagement 2.0 ist in diesem Verständnis eine Managementdisziplin, die es allen Mitarbeitern ermöglicht, ihr individuelles Kompetenzmanagement im Rahmen der strategischen Ziele und mit Hilfe bedarfsgerechter Kompetenzmanagement-Systeme im Netz zu planen und umzusetzen. Ziel ist es, die Potenziale der Unternehmen im Bereich der Mitarbeiterkompetenzen effizient zu nutzen und zielorientiert zu entwickeln.
Der Fokus des Kompetenzmanagements wird sich von formellen zu informellen, kommunikativen, kollaborativen und selbstgesteuerten Formen der Kompetenzentwicklung verschieben.Kompetenzentwicklung kann nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn sie sich an den strategischen Unternehmenszielen ausrichtet. Strategische Entscheidungen determinieren die Kompetenzen, die mit einem Kompetenzmanagement gesteuert werden. Auch müssen sich die Ziele und die Struktur des Kompetenzmanagements an den vorhandenen Organisations- und Kompetenzstrukturen sowie an Prozessen, Technologien und informationstechnischer Infrastruktur orientieren. Die im Unternehmen schon vorhandene Technologie setzt Maßstäbe an ein Kompetenz-Management-System, dessen Ausgestaltung und die Kompetenzmanager. Deshalb schlägt sich die Entwicklung zur Enterprise 2.0, zum Social Business, auch direkt in der Gestaltung des Kompetenzmanagements nieder.
Das Kompetenzmanagement muss Strukturen, Systeme, Methoden und Werkzeuge entwickeln, die eine permanente, immer aktuelle Transparenz der Kompetenzen und Potenziale von Mitarbeitern, für sie selbst, aber auch für das Gesamtunternehmen, gewährleisten, Geschäftsprozesse sowie Kompetenzentwicklung koppeln, die Prozesse über die Gestaltung des Ermöglichungsrahmens fördern und begleiten. Innovative Kompetenz-Management-Systeme verknüpfen wesentliche interne und externe Prozesse, die das Erkennen der Potenziale und Entwicklungsmöglichkeiten der Talente auf allen Unternehmensebenen, die Ermöglichung der notwendigen Kompetenzentwicklungsprozesse sowie das Übertragen von Funktionen und komplexen Aufgaben an geeignete Führungskräfte und Mitarbeiter einschließen.[1] Die Hürden, die man in den Unternehmen überwinden muss, um diesen Weg zu gehen, sind hoch, aber beherrschbar.
Es ist deshalb notwendig, mit lieb gewonnen Lernroutinen auf zu räumen und den Aufbau sowie die Implementierung einer Konzeption der Kompetenzentwicklung zu ermöglichen, die sich konsequent an den strategischen Erfordernissen der Unternehmung ausrichtet. Deshalb ist Kompetenzmanagement 2.0 immer auch Veränderungsmanagement, das in einem ganzheitlichen, strategisch orientierten Implementierungsprozess für die Anforderungen, die sich aus dem Konzept der Enterprise 2.0 ableiten, gestaltet wird. Es verknüpft dabei die Ebenen der Mitarbeiter mit ihren Kompetenzprofilen sowie den Kernkompetenzen der Unternehmen und umfasst alle Bereiche der Kompetenzerfassung und Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmung zu optimieren.[2]
Diese Rollen müssen sich die Kompetenzmanager im Laufe der Zeit erkämpfen. Hierfür eignen sich besonders strategieorientierte, innovative Lernprojekte, die zeitnah messbare Erfolge zeigen. Dabei nutzt das zentrale Kompetenzmanagement sein eigenes Netzwerk, um für das Unternehmen einen optimalen Mix aus eigenen Entwicklungen und Lernlösungen am Markt zu entwickeln und zu implementieren
Die Architektur des Kompetenzmanagements 2.0 schafft einen Rahmen, der partizipatives, kollaboratives und feedbackorientiertes Lernen am Arbeitsplatz und im Netz ermöglicht. Während Informationen über Mitarbeiter und ihre Kompetenzen bisher streng kontrolliert bei der HR abgelegt wurden, wachsen in der Enterprise 2.0 die Daten zusammen. In ihrem E-Portfolio führen die Mitarbeiter selbst alle relevanten Daten für ihre Kompetenzentwicklungs-Prozesse zusammen.
Kompetenzmanagement 2.0 verknüpft Instrumente des zentralen Kompetenzmanagements, insbesondere Kompetenz-Map, Kompetenzmodelle und aggregierte Soll- und Ist-Kompetenzprofile mit einem Ermöglichungsrahmen für selbstorganisierte Kompetenzentwicklung. Die Kompetenz-Map schafft Transparenz über die vorhandenen und notwendigen Kompetenzen im gesamten Unternehmen. Das jeweilige Kompetenzmodell gibt den Mitarbeitern, die ihre Kompetenzen selbst managen, Orientierung, ermöglicht die regelmäßige Kompetenzmessung und stellt ihnen als Ermöglichungsrahmen die notwendigen Instrumente für formelles und informelles Lernen zur Verfügung.
[1] vgl. Heyse, V., Ortmann, S. (2008); Steinweg, S. (2009)
[2] vgl. Grote, S., Kauffeld, S., Frieling, E. (Hrg.) (2. Auflage 2012)