Wenn der Wettbewerb der Unternehmen immer mehr zu einem Kompetenzwettbewerb wird, rückt das Talentmanagement zunehmend in den Fokus der Personalentwicklung. Während in früheren Ansätzen nur sogenannte High Potentials als Talente definiert wurden, hat sich heute die Auffassung weitgehend durchgesetzt, dass Talentmanagement breit, auf alle Mitarbeiter bezogen, und strategisch, auf die Umsetzung der Unternehmensziele ausgerichtet, gestaltet werden sollte. Jeder Mitarbeiter und jede Führungskraft wird damit als Talent gesehen, dessen Entwicklung ermöglicht werden soll.
Damit wird die Kompetenzentwicklung aller Mitarbeiter und Führungskräfte, nicht das Entdecken der wenigen High-Potentials, zur Kernaufgabe des Talentmanagement. Das Ziel ist es dabei, die Potenziale aller Talente, also aller Mitarbeiter und Führungskräfte, zu identifizieren, sie zu gewinnen bzw. zu motivieren, zielgerichtet einzusetzen und zu entwickeln sowie dauerhaft zu binden. .
Nur die Unternehmen, die proaktiv die Entwicklung des Kompetenzpotenzials aller Talente ermöglichen, werden in der Zukunft erfolgreich sein. Wenn ich aber selbstständig handelnde und entscheidende Mitarbeiter möchte, dann ist es naiv zu glauben, dass ich diese Kompetenzen entwickeln kann, indem ich sie in ein, noch so gut gemachtes, Seminar setze, wo ihnen ein Führungstrainer sagt, wo es lang geht. Es ist eigentlich ganz einfach. Talentmanagement setzt zwingend voraus, dass die Anforderungen in der Praxis, nämlich selbstorganisiert und eigenverantwortlich zu handeln, sich auch in der Lernkultur der Entwicklungsmaßnahmen für die Talente niederschlagen.
Deshalb sind für das Talentmanagement zwingend Lernsysteme mit Kompetenzzielen erforderlich, die auf der Selbstorganisation der Lerner aufbauen. Es mutet geradezu grotesk an, wenn, wie man immer wieder beobachten kann, Talentmanagementsysteme in Qualifizierungssystemen mit fremdorganisierten Seminarmaßnahmen münden, ohne dass der gezielten Kompetenzentwicklung Raum eingeräumt wird. Dies kann man nur damit erklären, dass es den Personalentwicklern und Trainern offensichtlich sehr schwer fällt, sich von bisherigen, angeblich so erfolgreichen, Seminarmaßnahmen zu trennen. So lange man den „Erfolg“ der Seminare direkt am Ende des Workshops evaluiert, so dass vor allem die gute Stimmung in der Lerngruppe gemessen wird, anstatt den individuellen Kompetenzzuwachs einige Zeit nach der Maßnahme zu bewerten, braucht man als Personalentwickler auch kein schlechtes Gewissen zu haben. Wenn man dabei aber berücksichtigt, dass nach den vorliegenden Untersuchungen gerade mal 7 % der Seminarinhalte in der Praxis umgesetzt werden können, erahnt man die Verschwendung von Ressourcen, die hierbei betrieben wird.
Werden Talente als Potenzial zur Entwicklung von Kompetenzen verstanden, so ist selbstorganisiertes Lernen die Voraussetzung dafür. Talent-Managementsysteme verbinden deshalb mit Kompetenz-Management-Systemen wesentliche interne und externe Prozesse, die das Erkennen der Potenziale und Entwicklungsmöglichkeiten der Talente auf allen Unternehmensebenen, die Ermöglichung der notwendigen Kompetenzentwicklungsprozesse sowie das Übertragen von Funktionen und komplexen Aufgaben an geeignete Führungskräfte und Mitarbeiter einschließen.
Dafür eignen sich nach unserer Erfahrung als Lernarrangements Blended Learning Systeme in Verbindung mit Praxis-Projektlernen und Social Learning in besonderer Form. Blended Learning Systeme ermöglichen dabei die bedarfsgerechte, selbstgesteuerte Wissensvermittlung und Qualifizierung. Die angestrebten Kompetenzen werden im Rahmen von Praxisprojekten selbstorganisiert entwickelt. Der Austausch des Erfahrungswissens erfolgt mittels Social Learning, also mit Web 2.0 Instrumenten wie Blogs und Wikis.
Die Hürden, die man in en Unternehmen überwinden muss, um diesen Weg zu gehen, sind hoch, aber beherrschbar. Es ist ein konsequentes Veränderungsmanagement erforderlich, das mit lieb gewonnen Lernroutinen aufräumt und den Aufbau einer Lernkonzeption ermöglicht, die sich konsequent an den strategischen Erfordernissen der Unternehmung ausrichtet. Die Veränderung dieser Handlungsroutinen erfordert Zeit. Deshalb sollten Sie so bald wie möglich damit beginnen.
Ihr
Werner Sauter