Veränderungen im Bildungsbereich – Salamitaktik, Radikalkur oder „Beiboot-Strategie“?

Das Phänomen, an althergebrachten Methoden in der Bildung festzuhalten, obwohl ihre Ineffektivität vielfach nachgewiesen wurde, beobachten wir auch im beruflichen und betrieblichen Kontext. Tradierte Denkweisen über das Lernen haben sich in den meisten Unternehmen und bei vielen  beruflichen Bildungsanbietern sowie Beteiligten, vom Lerner bis zum Personalentwickler, in hohem Maße verfestigt. Auch die betriebliche Bildung ist sehr stark formalistisch geprägt, Wissensweitergabe und Qualifikation im fachlich-methodischen Bereich stehen im Vordergrund.

Gleichzeitig wird immer mehr Verantwortlichen bewusst, dass sich aufgrund der Digitalisierung der Arbeitsprozesse und damit auch des Lernens die Geschäftsmodelle betrieblicher Bildung fundamental verändern müssen, vom Seminaranbieter zum Gestalter und Begleiter eines Ermöglichungsrahmens.

Das Problem ist, dass sich unsere seit der Kindheit verinnerlichten Lerngewohnheiten im Denken und Handeln der meisten Entscheider und vieler Mitarbeiter im Bildungsbereich verfestigt haben. Deshalb gehen viele Unternehmen sehr vorsichtig an die notwendigen Veränderungen heran, hier mal ein E-Learning Programm für Compliance, dort eine Blended Learning Maßnahme für die Auszubildenden. Wenn eine Organisation lernt, dann verändert sie ihren Rahmen bzw. ihre Struktur, d.h. ihre Fähigkeiten und ihr konkretes Handeln. Großflächige Veränderungsprojekte in den Bildungsabteilungen versanden jedoch häufig in der Alltagsroutine, weil sich die Beteiligten mehr mit dem Abbau von Widerständen als mit Veränderungen des eigenen Handelns und dem Aufbau innovativer Entwicklungssysteme beschäftigen.

Wir kommen immer mehr zur Überzeugung, dass die Veränderung bestehender Bildungsabteilungen deshalb meist viel zu lange dauert. Deshalb ist es überlegenswert, ob es nicht besser ist, zunächst auf grundlegende Veränderungen im bestehenden Bildungssystem zu verzichten und dafür in einem abgegrenzten Bereich, z. B. im Vertrieb, die betriebliche Bildung grundlegend neu zu „erfinden“. Damit wird es möglich, in einer Start-up-Kultur mit agilen Methoden ein grundlegend neues Geschäftsmodell der betrieblichen Bildung im Sinne eines Ermöglichungsrahmens für die Mitarbeiter zu entwickeln und zu erproben. Wenn sich die neue Konzeption dann in der Praxis bewährt hat und Akzeptanz aufgebaut wurde, kann mit einem überschaubaren Risiko dieses Modell in einem flächendeckenden Veränderungsprozess auf den gesamten Bildungsbereich des Unternehmens übertragen werden.

Die „Beiboot-Strategie“ kann wie folgt gestaltet werden. Die Unternehmensleitung schafft für diesen ausgewählten Bereich die Struktur eines systematischen Kompetenzmanagements, indem personelle, technische und räumliche sowie finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Sie installiert ein Kompetenzmanagement-Team, das als Motor der Neugestlatung des Bildungsbereiches eingerichtet wird, das die Strategie der betrieblichen Bildung für diesen ausgewählten Bereich definiert und einen Prozess zur Entwicklung und Erprobung eines innovativen Entwicklungssystems definiert.

Das Kompetenzmanagement-Team entwickelt zunächst Antworten auf die Leitfrage, wie zukünftig die Entwicklungsprozesse der Mitarbeiter in dem ausgewählten Bereich auf teambezogener und individueller Ebene ablaufen. Auf dieser Basis steuert es den Prozess zur Konzipierung des neuen Geschäftsmodells.

Das Team sollte Learning Professionals, aber auch sogenannte Kulturhelden, d .h. Fach- oder Führungskräfte mit hoher Akzeptanz im Unternehmen umfassen. Es arbeitet hierarchiefrei und wählt seinen Teamleiter selbst. Ein Prozessbegleiter unterstützt das Team in der methodischen Gestaltung der Prozesse.

Die obere Leitung definiert über die Strategievorgaben die Ziele des Kompetenzmanagements, lässt aber die Handlungsweisen bewusst offen. Wichtig ist ein regelmäßiger kommunikativer Austausch zwischen der Unternehmensleitung und den Mitgliedern des Kompetenzmanagement-Teams.

Das Kompetenzmanagement-Team hat im Einzelnen folgende Aufgaben zu erfüllen:

  • Steuerung des Prozesses zur Entwicklung der Mission der angestrebten betrieblichen Bildung
  • Analyse der aktuellen Ziele und Systeme der betrieblichen Bildung
  • Steuerung der Prozesse zur Definition des Kompetenzmodelles un der Soll-Profile
  • Initiierung einer organisationsweiten Kommunikation über die entwickelten Lösungen
  • Konzeption, Umsetzung und laufende Pflege des Ermöglichungsrahmens für den Kompetenzaufbau
  • Ermöglichung  der Kompetenzentwicklung der mittleren Führungskräfte als Entwicklungspartner ihrer Mitarbeiter
  • Ermöglichung der Kompetenzentwicklung der Prozessbegleiter (Learning Professionals)
  • Definition von Pilotprojekten mit dem Ziel, die innovative Lernkonzeption sowie den Ermöglichungsrahmen schrittweise aufzubauen.
  • Erarbeitung eiens Evaluationskonzeptes.
  • Entwicklung einer Konzeption zum späteren Rollout in der gesamten Unternehmen.

 Diese Aufgaben sollten in einer überschaubaren Zeit und unter Nutzung vielfältiger Erfahrungen aus der Organisation, aber auch aus dem Erfahrungswissen eines professionellen Prozessbegleiters, bearbeitet werden. Deshalb bieten sich dafür vor allem agile Managementansätze wie Scrum oder design Thinking an.

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