Verschläft das Personalmanagement seine Zukunft?

Die aktuelle DGFP-Studie “Megatrends und HR-Trends 2013″, die nun als Praxis-Papier erschienen ist, zeigt Ergebnisse, die mich sehr nachdenklich gemacht haben. Die Megatrends, die sich nach Einschätzung der Unternehmen, die in der Studie befragt wurden, in den kommenden drei Jahren am stärksten auf das Personalmanagement auswirken werden, sind der demografische Wandel und der Wertewandel, gefolgt von der Digitalisierung und Virtualisierung der Arbeit .

Die Frage nach dem Wertewandel sehe ich als problematisch an, weil viele der Befragten dabei vermutlich an die Hochglanzbroschüren mit dem Wertekatalog ihres Unternehmens denken. Dies wird auch bei der Frage nach den erfolgten Maßnahmen dafür deutlich. Die wichtigsten aktuellen Instrumente, die  als Reaktion auf den HR-Megatrend „Wertewandel“ genannt wurden, sind neben der „Thematisierung“  im Rahmen der Führungskräfteentwicklung Verhaltenskodexe (Code of Conduct). Ich bin der Meinung, dass diese normativen Formulierungen und deren  Diskussion, z.B. in Führungsseminaren, keinen Wertewandel bewirken kann.

Ein Wertewandel tritt erst dann ein, wenn sich Denken und Handeln aller Mitarbeiter und Führungskräfte eines Unternehmens verändern. Dies kann aber nur im Prozess der Arbeit und des Lernens aller Mitarbeiter erfolgen, ein Code of Conduct ist dafür nur eine hilfreiche Voraussetzung. Sieht man Werte als Voraussetzung für kompetentes Handeln, können sie nur durch die Mitarbeiter und Führungskräfte selbst handelnd und selbst organisiert angeeignet werden. Es geht also darum, dass die Werte „gelebt“ werden, wie es so häufig postuliert wird. Das Human Resource Management läuft deshalb Gefahr, die Anforderung, den Wertwandel zu initiieren und zu begleiten, zu verschlafen.

Auf den Trend der Digitalisierung und Virtualisierung der Arbeit reagieren die meisten Unternehmen, indem sie Telearbeit forcieren (72 %) , Social Media für die Personalrekrutierung (64 %)  und für das Employer Branding (61 %) nutzen oder Fortbildungen zum Umgang mit neuen Technologien (52 %) anbieten sowie Social Guidelines (38 %) festlegen.  Erstaunlich ist aber, dass nur etwa jedes fünfte (!) Unternehmen

  • Social Web-Anwendungen für die Zusammenarbeit im Unternehmen nutzen,
  • Fortbildungen für Führungskräfte zum Umgang mit virtuellen Teams anbieten,
  • Social Media für die Weiterbildung einsetzen.

Während die befragten Unternehmen Social Media damit bereits mehrheitlich im Alltag nutzen, ist dieser Megatrend der Digitalisierung und Virtualisierung im Bereich des kollaborativen Arbeitens, der Führung und der Personalentwicklung in 80 % der Unternehmen (!) bisher ignoriert worden.  Dies bedeutet im Endeffekt, dass das Personalmanagement in der Mehrheit der Unternehmen Gefahr läuft, von den aktuellen Entwicklungen abgehängt zu werden. Dies kann jedoch zur Folge haben, dass diese Aufgaben durch andere Geschäftsbereiche selbst übernommen werden.

Personalmanager beklagen häufig, dass sie nicht in strategische Entscheidungen im Unternehmen mit eingebunden werden. Ich denke, es genügt nicht, dies immer wieder zu fordern. Vielmehr sehe ich den Personalbereich in der Pflicht, zukünftige Trends zu erheben, zu analysieren und zu bewerten und die notwendigen Konsequenzen daraus für die Personalarbeit zu ziehen sowie diese Maßnahmen rechtzeitig und proaktiv auch durch zu setzen. Dann ergibt sich die strategische Rolle des Personalbereiches im Unternehmen zwangsläufig.

Die zukünftigen Herausforderungen für die Unternehmen erfordern einen Paradigmenwechsel in der betrieblichen Bildung, da radikal neue Sichtweisen und Denkmuster erforderlich sind. Deshalb ist eine Führungskrise wahrscheinlich. Dabei kommt es nicht auf die formulierte Strategie, sondern auf die umgesetzte Strategie an, die durch das tägliche Handeln der Führungskräfte und Mitarbeiter bestimmt wird. Damit wird dann auch der notwendige Wertewandel bewirkt.


 

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