Vom E-Tutor zum E-Coach

Wenn sich die Lernsysteme zu Kompetenzentwicklungssystemen entwickeln, in denen die Wissensvermittlung und Qualifizierung zunehmend in die Eigenverantwortung der Lerner gelegt wird, ändert sich naturgemäß auch die Rolle der Lernbegleiter. Tutoring, d.h. die Flankierung und Betreuung der Lerner in E-Learning-Systemen per E-Mail, Chat, Forum oder Telefon, aber auch mit Weblogs oder Wikis, teilweise auch in Live Lessons und Präsenzveranstaltungen, wird dabei immer mehr durch die Lerner selbst, beispielsweise im Rahmen von Lernpartnerschaften oder in Learning Communities ( z. B. über die gemeinsame Bearbeitung von Themenspeichern), übernommen. Da die Zielsetzung der betrieblichen Lernprozesse zunehmend im Bereich der Problemlösungen in realen Herausforderungen liegt, benötigen die Lerner immer mehr die Unterstützung von Experten. Deshalb werden Lernbegleiter benötigt, die die Rolle eines virtuellen Coaches übernehmen.

E-Coaching ist die mediengestützte, aktive Entwicklungspartnerschaft von Experten und einzelnen Lernern oder Lerngruppen mit dem Ziel der Kompetenzentwicklung. Diese Unterstützung kann synchron oder zeitversetzt erfolgen.

Damit sind die Anforderungen an einen E-Coach sehr hoch. Es wird von ihm die professionelle Prozessberatung und Begleitung einer Person (Coachee) oder mehrere Personen im Rahmen einer strukturierten, online-basierten Kommunikation erwartet. Er soll den Gecoachten bei der Ausübung von komplexen Handlungen in der Praxis und in Projekten befähigen, um optimale Ergebnisse selbstorganisiert zu erreichen. Diese Entwicklungspartnerschaft ist somit eine besondere Art der intendierten Kompetenzentwicklung mit einer methodisch fundierten Vorgehensweise. Die inhaltliche Komponente ist dabei eher zweitrangig.

Die Erfahrungen zeigen, dass beim virtuellen Coaching die Hemmschwellen der Lerner aufgrund der tendenziell eher anonymen Kommunikation niedriger sind, das Coachingangebot zu nutzen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn mit geeigneten Lernmaterialien, z.B. Reflexionen, den Lernern ein Zugang zu dieser Entwicklungspartnerschaft geschaffen wird. Das Coaching findet eher „on-demand“ statt, d.h. dann, wenn der Lerner Unterstützung benötigt. Dagegen gehen gegenüber dem face-to-face Coaching nonverbale Signale verloren, die unter Umständen sehr wichtig sein können. Weiterhin besteht die Gefahr, dass die Fragestellungen, insbesondere bei schriftlicher Kommunikation, eher oberflächlich behandelt werden. Deswegen empfehlen wir, auch hier den Blended Learning Ansatz zu nutzen, d.h. das E-Coaching regelmäßig durch persönliche Treffen zu ergänzen. Damit kann der Coach einen persönlichen Kontakt aufbauen, die zwingend notwendige Verbindlichkeit der Vorsätze wird erheblich gesteigert.

Während beim E-Tutoring die Lernziele und –inhalte, aber auch die methodischen Schritte, durch den Tutor bestimmt werden, definieren die Lerner ihre Kompetenzziele, evtl. mit Unterstützung des E-Coaches, selbst und übernehmen auch die Verantwortung für die Gestaltung und Steuerung der Kompetenzentwicklungsprozesse. Sie ermöglichen ihren Praxistransfer dabei durch eine strukturierte Selbstreflexion, bei der sie wiederum durch den E-Coach beraten werden können. Der E-Coach fördert damit vor allem die Entwicklung der persönlichen Kompetenzen.

Während E-Tutoring eher das Bild des Lehrer-Schüler-Verhältnisses in den virtuellen Raum überträgt, bildet E-Coaching Prozesse des Kompetenzlernens in der betrieblichen Praxis ab. E-Tutoring wird deshalb in erster Linie durch den Tutor, E-Coaching durch die Lerner initiiert. Deshalb ist eine Vermischung von E-Tutoring und E-Coaching, wie häufig gefordert, nicht sinnvoll.

E-Coaching unterstützt immer selbstorganisiertes Lernen, das durch die Lerner selbst verantwortet wird und fördert Prozesse des Selbst-Coaching und der Hilfe zur Selbsthilfe. Damit ist der Lerner Partner des Coaches und kommuniziert mit ihm auf gleicher Augenhöhe, anders als bei einem „Lehrer-Schüler-Verhältnis“ im E-Tutoring. Durch die Verknüpfung von E-Tutoring und E-Coaching würde die notwendige Lernkultur der Selbstorganisation erheblich beeinträchtigt. Deshalb kommt im E-Coaching-Prozess der Balance aus Unterstützung und Ermutigung zur Selbsthilfe eine besondere Bedeutung zu. Der E-Coach sollte deshalb zwar eine vertrauensvolle Beziehung zu seinem Coachee aufbauen, aber gleichzeitig einen professionellen Abstand wahren.

E-Coaching ist damit ein wesentliches Element des E-Learning der vierten Generation, d.h. der Kompetenzentwicklung mit Blended Learning und Social Software. Der E-Coach benötigt neben einer hohen fachlich-methodischen Kompetenz insbesondere stark ausgeprägte persönliche und sozial-kommunikative Kompetenzen, damit er seiner Rolle als Entwicklungspartner der eigenverantwortlich handelnden Lerner gerecht werden kann.

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