Vom „Lehr“raum zum „Lern“raum

Durch Jochen Robes bin ich auf eine interessante Studie von E.Learning age und Kineo in Großbritannien (http://www.kineo.com/documents/Free_Guides/Learning_Insight_Report_2012.pdf) gestoßen. Dieser Learning Insights Report 2012 führt zu Vorhersagen, die auf den Slogan: „E-Learning is dead, long live learning“ konzentriert werden. Damit ist gemeint, dass die Lerntechnologie sich so weiter entwickelt, dass das Lernen in die täglichen Arbeitsprozesse integriert wird. Die Lernsysteme orientieren sich wieder mehr an den Menschen und an der Performance, also letztendlich an deren Grundlagen, den Kompetenzen.  Die Autoren der Studie fordern aufgrund der erheblichen erweiterten Möglichkeiten der Lernmedien und –methoden, z.B. im Bereich des kollaborativen Lernens,  eine neue Lernarchitektur mit Workplace Learning und der Einbeziehung einer breiten Palette informeller Lernansätze sowie On-Demand Ressourcen. Dabei interessiert die Entscheider in den Unternehmen weniger, ob neue Lerntechnologien genutzt werden, sie wollen vielmehr wissen, welche Ergebnisse mit den Lernkonzeptionen erzielt werden.

Ich habe versucht, die Ergebnisse der Studie in unserer Terminologie zusammen zu fassen:

  • Entscheidend ist, was den Mitarbeitern hilft, ihre Aufgaben besser zu erfüllen. Deshalb werden learning on demand und mobile learning eine wachsende Rolle spielen.
  • Informelles Lernen wird gefördert, indem die Mitarbeiter Hilfe bei der Suche nach Inhalten im Unternehmen und außerhalb mit verschiedenen Medienformaten erhalten. Dabei spielen User generated Content, Peer-Rating  und Social Learning eine wachsende Rolle. Lernen mit und von Anderen in Communities of Practice und mit unterschiedlichen Lernpfaden wird immer wichtiger
  • Formelles Lernen ist weiterhin gefordert, aber mehr in selbstorganisierter Form, als E-Learning und Blended Learning und insbesondere stark zunehmend als Webinar.
  • Für die Lernlösungen und –inhalte werden alle gängigen Web Tools und Standard Webtechnologien genutzt, sie müssen für alle Zugänge, auch z.B. Tablets oder Smartphones, geeignet sein. Benötigt wird eine Lernlösung, die auf allen gängigen Systemen genutzt werden kann.
  • E-Learning Lösungen werden sich immer mehr an den Bedürfnissen der Lerner ausrichten, sie werden kürzer, mehr problemorientiert, weniger linear und kreativer sein („You-Tube Generation“). Gamebased Learning ist nur sinnvoll, wenn diese Lösungen wirtschaftlich erstellt werden können.
  • Erfahrungslernen in der betrieblichen Praxis mit Coaching und Rückmeldungen wird immer wichtiger.
  • Führungskräfte übernehmen eine Schlüsselrolle als Coach (Entwicklungspartner) ihrer Mitarbeiter.
  • Die Beurteilung der Lernerfolge orientiert sich immer mehr daran, wie die Mitarbeiter ihre Aufgaben in der Praxis erfüllen. Die Lerner benötigen Kompetenzmesssysteme, die ihnen ihre Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen und ihnen damit ermöglichen, ihre Lernprozesse selbst zu organisieren.
  • Die Lerner benötigen einen möglichst aufgabenbasierten und personalisierten Zugang zum Lernsystem, unabhängig von Ort, Zeit und Endgerät. Benötigt werden Soziale Lernplattformen, aber auch Zugänge zu externen Communities (z.B. LinkedIn), die den Mitarbeitern das Lernen im Netz ermöglichen.
  • Die Personalentwicklung wird an Bedeutung gewinnen, indem Lernkonzeptionen in Geschäftsszenarien eingebunden und der Zuwachs an Performanz gemessen wird. Sie sorgen dafür, dass Lernen am Arbeitsplatz konsequent ermöglicht wird. Lernlösungen  können damit in Hinblick auf ihren Beitrag zum Geschäftserfolg bewertet werden.

Damit bestätigt diese Untersuchungen Trends, die wir in ähnlicher Form vor allem in großen Unternehmen erfahren. Die betriebliche Bildung benötigt „Lern“räume, die individuelle Lernprozesse aller Mitarbeiter, orientiert an der Unternehmensstrategie und deren Umsetzung am Arbeitsplatz, ermöglicht. Die „Lehre“ in der bisherigen Form erfüllt die Anforderungen betrieblicher Bildung nicht. Viele kleine und mittlere Unternehmen, aber leider auch fast alle beruflichen Bildungsanbieter, ignorieren diese Entwicklungen bisher. Dabei bin ich sicher, dass diese Veränderungen, getrieben von immer leistungsfähigeren Lerntechnologien, aber auch durch die veränderten Anforderungen an die betriebliche Bildung, in wenigen Jahren zu einer Umwälzung der betrieblichen Bildungslandschaft führen werden.

Die Autoren lassen ihre Zusammenfassung in eine Todo-Liste münden, in der Sie viele wichtige Anregungen für Ihre Bildungsarbeit finden können, die wir in diesem Blog schon häufig diskutiert haben.


 

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