Die Begriffe Informations-, Wissens- und Kompetenzgesellschaft werden oftmals synonym oder in ähnlicher Bedeutung benutzt. Dies erscheint mir insbesondere in Hinblick auf unsere Bildungssysteme problematisch.
Die Informationsgesellschaft ist Ausdruck des Megatrends, dass weltweit, vor allem natürlich in den Industriestaaten, messbare Informationen, große Datenmengen, Big Data quantitativ und – nach entsprechender Auswertung – qualitativ immer wichtiger werden. Dieser Megatrend ist kaum zu bezweifeln. Doch sagt die Feststellung noch nichts darüber aus, was mit dieser explodierenden Fülle von Informationen geschieht. Landet sie in Datenfriedhöfen, in Datenbanken und Clouds unvorstellbaren Ausmaßes? Oder wird sie zur Feststellung sozialer Entwicklungen gebraucht, auch missbraucht?
Schon früh kam deshalb die Frage auf, ob es sinnvoll sei, von der Informationsgesellschaft zu sprechen. Es handele sich doch eigentlich um die Nutzung der Gesamtheit der menschlich-geistigen Potenziale, um die Gesamtheit des menschlichen Wissens, das man natürlich nicht auf Informationen reduzieren könne. „Ob die gegenwärtige Gesellschaft als Informations- oder Wissensgesellschaft oder beides zu bezeichnen ist, ist nicht allgemein klar. “ [1]
Sofern man unter Wissensgesellschaft mehr versteht als als den technizistischen Begriff der Informationsgesellschaft, stellen sich neue Fragen: Wer hat welches Wissen? Wem gehört dieses Wissen? Wissensgesellschaft eröffnet eine erweiterte Perspektive, die auf den Willen und die Befähigung der Menschen zu Selbstbestimmung setzt. Entscheidend wird nämlich die Auswahl des Nützlichen und die Fähigkeit zum Aushalten von Ambivalenzen und Unsicherheit sein, die Gestaltung des Zugangs zu Wissen und der fehlerfreundliche Umgang mit dem Nichtwissen.[2]
Reines Wissen allein ist aber noch kein Garant für erfolgreiche Problembewältigungen, zumal die meisten Probleme, die sich in der Welt, auch in der Arbeitswelt stellen, keine rein ‚intellektuellen’ Probleme sind, vielmehr solche, die zu ihrer Lösung neben erforderlichem Wissen auch ein erfahrungsstarkes und einfallsreiches Können voraussetzen. Wir lernen auch das Skifahren nicht mit dem Lehrbuch in der Hand.“ [3] Es geht also um die Befähigung, auf der Grundlage und mit Hilfe dieses Wissens selbstbestimmt, selbstorganisiert, kreativ und innovativ zu handeln?
Die Kreativität, also das, was wir aus den Tatsachen machen, ist nicht im Internet. Sie ist in unseren Köpfen. Dort wird Wissen verknüpft, dort entstehen Assoziationen, Ideen. Die Vorstellung, man brauche nichts mehr im Kopf zu haben, weil man alles nachschlagen könne, ist falsch. Jedenfalls dann, wenn es einem nicht um die Reproduktion, sondern um die Produktion von Wissen geht.“ [4] Zu Ende gedacht, bedeutet dies nicht mehr und nicht weniger als die Umwandlung der Wissensgesellschaft in eine Kompetenzgesellschaft – in eine Gesellschaft, in der möglichst viele befähigt werden, selbstorganisiert und kreativ zu handeln.
So kann man zusammenfassen, dass Kompetenzen gefragt sind , die
- sich schnell verändernden Rahmenbedingungen , wechselnden Anforderungsprofilen und Problemen anpassen,
- die Fähigkeit ausmachen, das, was man in einem Sachbereich weiß und kann, auch auf andere, fremde Sachbereiche zu übertragen,
- die darüber hinaus in die Lage versetzen das Gelernte auf Ungelerntes anzuwenden und
- die ganz allgemein bedeuten, gewohnten Umgang mit Problemen und ihrer Lösung zu haben.
Kompetenz besagt damit, dass Wissen und Können eine Einheit bilden. Auf diese Kompetenzen hin müssen Bildung und Ausbildung in Zukunft organisiert werden. Damit sind wir auf dem Weg in eine Kompetenzgesellschaft. Daraus ergibt sich folgende verkürzte Zusammenfassung:
Information ist der Rohstoff, Wissen der Stoff, Kompetenz das Ziel moderner Bildung.
Von der Informationsgesellschaft zur Wissensgesellschaft, von der Wissensgesellschaft zur Kompetenzgesellschaft verläuft die gesellschaftliche Entwicklung, ohne andere Entwicklungsziele, andere Megatrends zu negieren.
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Informationsgesellschaft
[2] Vgl. Heinrich-Böll-Stiftung (Hrg.) (2002); Ders. (Hrg.) (2005) S. 376
[3] Vgl. Mittelstrass, J. (1999) S. 59ff; vgl. auch Ders. (1992)
[4] Pöppel, E. (2015) S.11