Die zukünftige Arbeitswelt wird eine Kompetenzwelt sein, in der Werte als Ordner für selbstorganisierte Prozesse mit digitalisierten Systemen dienen. Da die Mehrheit der Mitarbeiter jedoch in Arbeits- und Lernsystemen sozialisiert wurden, die durch Fremdsteuerung geprägt waren und ihnen oftmals die notwendige Orientierung für bedarfsgerechtes, eigenständiges Handeln fehlt, fällt es ihnen schwer, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Die Konsequenz ist, dass die Mitarbeiter für die Bewältigung ihrer Herausforderungen in digitalisierten Arbeitsprozessen zunehmend Ordner– also Werte – benötigen, die sie mit Unterstützung ihrer Führungskräfte selbstorganisiert aufbauen.
Werteorientierte Menschen sind in der Lage, auch unter Unsicherheit zu handeln, indem ihre Werte fehlendes Wissen überbrücken oder ersetzen. Damit wird die Lücke zwischen Wissen und dem Handeln geschlossen wird. Menschen mit einer hoch ausgeprägten Werteorientierung arbeiten selbstorganisiert, indem sie sich an ihren verinnerlichten Werten orientieren, die in Prozessen der Kompetenzentwicklung entwickelt wurden.
Ohne Werte gibt es keine Kompetenzen, also keine Fähigkeiten zu selbstorganisiertem, kreativem Handeln..Es zeigt sich in der Praxis, dass gleich starke Kompetenzen auf grundlegend unterschiedlichen emotional-motivational verankerten Wertehaltungen beruhen können. Es liegt deshalb nahe, zu fragen, welche Wertearten für welche Grundkompetenzen bei einem Menschen besonders wichtig sind. Hierfür entwickeln wir das Werte-Messverfahren KODE®W, das personenbezogene Auswertungen ableitet, die als Grundlage für die Formulierung individueller Werteziele, im Regelfall im Rahmen eines Beratungsgespräches mit der Führungskraftoder einem zertifizierten Wertemanager, dienen. Gleichzeitig sind vielfältige Vergleiche, z. B. mit dem Durchschnitt der Wertehaltung der Kollegen, mit den Team- und den Organisationswerten möglich.
Werte spielen im Rahmen der Kompetenzentwicklung eine zentrale Rolle, weil es kein kompetentes Handeln ohne Werte gibt. Gleichzeitig ist die Ermöglichung der Kompetenzentwicklung in realen Herausforderungen der Schlüssel zur gezielten Werteentwicklung. Kompetenzentwicklung erfordert Lernprozesse, in denen Werte – die Resultate von Wertungsprozessen – via Entscheidungssituation zu eigenen Emotionen und Motivationen umgewandelt und angeeignet werden. Das Ziel ist, diese Werte über eigene Erfahrungen zu verinnerlichen (interiorisieren). Dies bedeutet, dass Denk- und Handlungsweisen der Lerner langfristig verändert werden.
Eine gezielte Werteentwicklung der Mitarbeiter ist möglich, wenn die Führungskrafte selbstorganisierte Werte-Entwicklungsprozesse ermöglichen. Werte bilden sich im individuellen, teambezogenen und organisationalen Handeln selbstorganisiert, können aber durch die Führungskräfte initiiert und begleitet werden. Für die Gestaltung von Werteentwicklungs-Prozessen auf der individuellen Ebene sind folgende Leitfragen hilfreich:
- Setzt das ausgewählte Verfahren für das geistige oder physische Handeln echte Entscheidungs- oder Konfliktsituationen, die nicht mit Hilfe bisherigen Wissens und Wertens („algorithmisch“) bewältigt werden können?
- Erzeugt das Verfahren aufgrund der Bedeutsamkeit dieser Entscheidungs- bzw. Konfliktsituationen echte und tiefgehende emotional – motivationale Labilisierungen, d.h. das Erleben und Bewältigen von Herausforderungen, und wenn, in welcher Stärke?
- Gestattet das Verfahren eine emotional hinreichend verankerte gedächtnismäßige Speicherung des Handlungserfolgs?
- Werden die erfolgreichen Wertungen in nachfolgenden Kommunikationsprozessen akzeptiert und sozial bekräftigt und wenn, in welcher Stärke?
- Lässt sich das Verfahren so generalisieren, dass es in weiteren – und welchen – Zusammenhängen einsetzbar ist?
Wertemanagement ist eine große Herausforderung für die jeweiligen Führungskräfte, weil nicht die Weitergabe von Wertewissen, also der ausformulierten Regeln, Werte und Normen individuellen und sozialen Handelns, sondern deren Verankerung via Verinnerlichung (Interiorisation) in den je eigenen Emotionen und Motivationen möglichst vieler Mitarbeiter erforderlich ist. Bloß gelernte, nicht interiorisierte Werte kann man lehren, abfragen, auswendig lernen und aufsagen. Auf das eigene freie Entscheiden und Handeln haben sie kaum Einfluss.