Die große, globale Unternehmensberatung PWC hat stolz verkündet, dass bei 55.000 Mitarbeitern weltweit 72 Mio. $ Bildungskosten, d.h. ca. ca. 1.000 Euro je Mitarbeiter, eingespart wurden. Mit dieser Zahl kann man sicherlich Controller überzeugen, aber die Bewertung der Mitarbeiterentwicklung eines Unternehmens kann nicht auf eine solche Zahl reduziert werden.
Es ist eine Binsenweisheit, dass vor allem bei großen Mitarbeiterzahlen beispielsweise eine Compliance Schulung mit E-Learning billiger ist als mit Seminaren. Aber in beiden Fällen wird sich die Unternehmenskultur mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht verändern. Damit wird das eigentliche Ziel dieser Maßnahmen (zumindest nach meinem Verständnis), z.B. rechtskonformes Handeln aller Mitarbeiter zu bewirken, nicht erreicht. Sie sind somit nutzlos, d.h. in beiden Fällen wurde das Geld mehr oder weniger zum Fenster rausgeworfen. Aber zumindest hat man Aktivität gezeigt und unternehmensweit dokumentiert, wer, evtl. mit welchem „Lernerfolg“ in einem Wissenstest, die WBT bearbeitet hat. Dies kann in einem möglichen Rechtsstreit später sehr nützlich sein, hat aber mit Lernen wenig zu tun.
Warum geben Unternehmen aber Geld für Bildung aus? Diese Investition hat im Endeffekt doch nur einen Grund. Die Mitarbeiterentwicklung soll dazu beitragen, die strategischen Ziele der jeweiligen Unternehmung zu erreichen. Deshalb muss in der didaktischen Analyse zur Entwicklung einer Lernkonzeption immer die Frage am Anfang stehen, welche Anforderungen sich aus der Unternehmensstrategie für die Mitarbeiterentwicklung herleiten. In diesem Kontext spielen Curricula, die von zentralen Institutionen, z.B. dem DIHK, vorgegeben werden, keine Rolle, auch wenn sich viele Unternehmen sowohl in der Aus- als auch in der Weiterbildung immer noch daran orientieren (müssen?).
Die strategischen Anforderungen an die betriebliche Bildung werden sich zwangsläufig an den für den Unternehmenserfolg erforderlichen Denkweisen (Unternehmenskultur, Werte …) und den Handlungen ( Performance, Zielerreichung….) orientieren. Es geht also darum, Kompetenzentwicklung zu ermöglichen, um im globalen Kompetenzwettbewerb erfolgreich zu sein.
Dass kompetenzorientierte Lernsysteme mit einem „Ermöglichungsrahmen“ effizienter sind als klassische, dozentenorientierte Seminare ist vielfach nachgewiesen worden und begründet sich allein durch die individuellen, handlungsorientierten Zielsetzungen, die hohe Eigenverantwortung sowie Selbstorganisation und damit aktivem Handeln der Lerner am Arbeitsplatz. Dazu sagt diese Zahl von PWC leider gar nichts.
Ich bin davon überzeugt, dass die betriebliche Bildung im Regelfall erhebliche Kosten sparen kann, wenn sie sich in Richtung innovativer Lernsysteme in der beschriebenen Form entwickelt. Diese Frage darf jedoch nicht am Anfang stehen. Wenn ein Unternehmen eine Produktionsstätte baut, werden die Planer auch nicht damit beginnen, zunächst die billigsten Materialien und Maschinen auszuwählen. Am Anfang stehen doch die unternehmerische Vision und Strategie, die Konzeption, die Planung … die für den Erfolg benötigt werden. Erst in einem weiteren Schritt wird man natürlich auch über die Kostenoptimierung nachdenken.
Auch Entscheidungen über betriebliche Bildungskonzeptionen müssen deshalb immer an der Unternehmensstrategie und den notwendigen Entwicklungskonzeptionen ansetzen. Erst in zweiter Linie wird die Frage der Kostenoptimierung, nicht –minimierung, stehen. Schließlich ist Bildung die wichtigste Investition in den Unternehmen. Deshalb kann ich mit dieser Presseveröffentlichung von PWC nicht wirklich etwas anfangen.