In dieser Woche ist das Buch von Simon Sauter und mir erschienen, in dem wir die Überlegungen, die John Erpenbeck und ich in unserem Werk „So werden wir lernen!“ entwickelt haben, in konkrete Handlungshinweise für die Umsetzung in der betrieblichen Praxis weitergeführt haben.
Wir gehen dabei von folgenden Erfahrungen in der Unternehmenswelt aus. Die betriebliche Arbeits- und Lernwelt verändert sich fundamental. Social Business erfordert kollaborative Unternehmen, in denen Arbeiten und Lernen wieder zusammen wachsen. Kompetenzentwicklung am Arbeitsplatz und in Arbeitsprozessen gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung. Definiert man Work Place Learning in diesem Sinne, verändern sich nicht nur die Lernorte, sondern vor allem die Ziele und Inhalte, aber auch die Lernmethodik.
Auf der Grundlage einer Analyse der voraussichtlichen Entwicklung der Rahmenbedingungen der Arbeitswelt und der betrieblichen Lernsysteme in der Zukunft haben wir versucht, die Anforderungen an innovative Kompetenzentwicklungssysteme mit E-Learning, Blended Learning , Social Learning und Workplace Learning abzuleiten. Dazu haben wir praxiserprobte Lösungskonzepte und Entscheidungshilfen für die Entwicklung und Einführung zukunftsorientierter Lernsysteme mit dem Ziel, eine Kultur kollaborativen Arbeitens und Lernens am „Workplace“ zu initiieren, erarbeitet. Daraus ergeben sich folgende Inhalte des Buches:
- Veränderte Rahmenbedingungen des betrieblichen Lernens
- Entwicklungsprozess innovativer Lernsysteme
- Didaktisch-methodischer Ermöglichungsrahmen
- Wissensaufbau und Qualifikation mit Kompetenzentwicklung
- Integrierte Kompetenzentwicklung im Prozess der Arbeit und im Netz
- Fallbeispiele zum E-Learning, Blended Learning, Social Learning und Workplace Learning
- Von der Personalentwicklung zum Kompetenzmanagement
- Ausblick und Handlungsempfehlungen
- Glossar
Unternehmen werden sich nach unserer Einschätzung immer mehr zu kollaborativen Organisationen wandeln, in denen die Mitarbeiter und Führungskräfte gemeinsam am Arbeitsplatz und im Netz Aufgaben lösen und Erfahrungswissen austauschen. Sie lernen nicht mehr „über etwas“, sie lernen, indem sie etwas tun. Im Rahmen des sogenannten Performance Support stehen den Lernern Systeme und Medien zur Verfügung, die zielorientiertes und situatives Lernen im Prozess der Arbeit ermöglichen. Mobile und Micro Learning System bieten relevante Informationen und kleine Lerneinheiten unmittelbar abrufbar vor Ort.
Diese Unternehmen sind durch veränderte Werte und Kulturen, kollaborative Netzwerke und soziale Lernprozesse im Netz und im Prozess der Arbeit (Workplace Learning) gekennzeichnet. Deshalb müssen reale Herausforderungen und der Austausch von Erfahrungen von Anfang an in die Lernprozesse integriert werden. Arbeiten ist Lernen und umgekehrt; betriebliches Lernen erlangt wieder seinen natürlichen Charakter. Diese Schwerpunktverlagerung bedingt wiederum, dass der Wissensaufbau nicht das Ziel der Weiterbildung ist, sondern die notwendige Voraussetzungen für die Umsetzung in der Praxis schafft.
Da die Kompetenzentwicklung nur selbstorganisiert durch die Lerner erfolgen kann, benötigen wir eine „Ermöglichungsdidaktik“, wie sie von Rolf Arnold beschrieben wurde. In dieser Lernkultur, die durch einen hohen Grad an Eigenverantwortung gekennzeichnet ist, bietet es sich wiederum an, auch den Wissensaufbau in die Selbstorganisation der Lerner und ihres Lern-Netzwerks zu legen. Damit gewinnen neue Medien und Social Software, aber auch Soziale Lernplattformen, an Bedeutung. Diese netzbasierten „Ermöglichungsrahmen“ dienen als Arbeits- und Lernräume, die immer mehr zusammen wachsen.
Es genügt also nicht, einfach Seminare in ein E-Learning-Format zu übertragen, Online-Kurse „schicker“ bzw. „spannender“ (z.B. mittels „Gamification“) zu machen oder bestehende Blended Learning Systeme mit sozialen und mobilen Elementen „anzureichern“. Kollaboratives Arbeiten und Lernen erfordert vielmehr grundlegend veränderte Denk- und Handlungsweisen aller Beteiligten, von den Personalentwicklern und Trainern über die Führungskräfte bis zu den Mitarbeitern.
Workplace Learning bedeutet konsequent umgesetzt einen Paradigmenwechsel, der Lernen und Arbeiten zusammenführt, so dass neue Lernlösungen entstehen („learn the new“). Dies hat fundamentale Auswirkungen auf die Rollen der Lerner, der heutigen Personalentwickler und Trainer sowie der Führungskräfte. Daraus leitet sich der Bedarf nach innovativen Lernkonzeptionen, die sich an der veränderten Arbeits- und Kommunikationswelt in den Unternehmen orientieren, und einer Lerntechnologie ab, die diese Lernprozesse am „Workplace“ ermöglicht. Diese Lernkonzeptionen sind heute bereits nötig und möglich, erfordern aber einen grundlegenden Veränderungsprozess in den Unternehmen.