Corporate Learning 2024 – das Jahr des selbstorganisierten Lernens

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Wir müssen unser Personalentwicklungsmodell ändern.“         

McKinsey 2023

Das Jahr 2023 war das Jahr der Künstlichen Intelligenz (KI), insbesondere von ChatGPT. Das Zeitalter der Suchmaschinen wandelte sich zur Ära der Antwortmaschinen mit erheblich gesenkten Eintrittsbarrieren für die Nutzung von Computern, insbesondere auch im Lernprozess. Es wurde im Corporate Learning überall sehr viel mit KI-Lösungen experimentiert, von der Entwicklung komplexer Texte über didaktisch-methodisch aufbereitete Kurse mit passenden Videos und Podcasts, auf Wunsch mit bestimmten, realistischen Avataren, bis hin zu Virtuellen Assistenten. Das anfängliche Staunen und die teilweise aufkommende Euphorie, wichen nach und nach einer kritisch-nüchternen Betrachtung. Unzählige Publikationen setzten sich mit dem Einsatz, aber auch den Grenzen, der KI in der Lehre bis zu den damit verbundenen ethischen Herausforderungen und Datenschutzproblemen auseinander.

Bei den meisten Veröffentlichungen liegt nach meiner Meinung jedoch ein grundlegendes Missverständnis vor. Die wesentliche Bedeutung der KI im Lernen liegt nicht in der Optimierung von formellen Lehrkonzepten, deren skandalös niedrige Effektivität in Hinblick auf die Anwendungen in der Praxis hinlänglich bekannt sind, sondern in der Initiierung und Ermöglichung einer grundlegenden Veränderung der Lernkonzepte und der Lernkultur.

Die KI wird im Corporate Learning zur Folge haben, dass zukünftig die Lernenden im Mittelpunkt stehen, die ihre Lernprozesse selbstorganisiert gestalten und umsetzen. Die Personalentwicklung und die heutigen Trainer*innen schaffen mit KI-Unterstützung dafür den erforderlichen Rahmen und begleiten die Lernprozesse. Dabei sind folgende Entwicklungen absehbar.

  • Selbstorganisierte Lernplanung: Auf Basis von Werte-und Kompetenzerfassungen entwickelt die KI im Rahmen des Reporting Vorschläge für die Personalauswahl sowie für individuelle Lernziele und leitet daraus adaptive, personalisierte Lernpfade im Praxisprozess und in formellen Lernmaßnahmen ab. Onboarding-und Upskilling-Prozesse werden dadurch personalisiert und dynamisch optimiert.
  • Selbstorganisiertes, kollaboratives Arbeiten und Lernen: Mit KI-basiertem Skillmapping ist es möglich, Transparenz über die aktuellen Werte und Kompetenzen sowie deren voraussichtliche Entwicklung in der Organisation zu schaffen und gezieltes Skillmanagement zu ermöglichen. Die Lernenden können Fach- und Führungskräfte sowie Lernpartner*innen mit der passenden Haltung und den erforderlichen Kompetenzen identifizieren, um mit ihnen selbstorganisiert kollaborative Lösungen zu entwickeln.
  • Selbstorganisierter Wissensaufbau: Mit Hilfe der KI können zeitnah in allen erforderlichen Sprachen und zu wirtschaftlichen Bedingungen medial gestaltete Lernprogramme und User-generated Content entwickelt werden. Die KI entwickelt daraus für die Lernenden Lösungsvorschläge für Problemstellungen in der Praxis. Selbstorganisiertes Learning on-demand und Wissensmanagement – bottom-up – wird dadurch effizient ermöglicht. KI-basierte Lernvideos mit Avataren, Podcasts, Simulationen sowie kuratierte Inhalte, Augmented und Virtual Reality Lösungen fördern das eigenverantwortliche Lernen.
  • Personalisierte Begleitung selbstorganisierter Lernprozesse: KI-basierte, virtuelle Assistenten ergänzen die menschliche Lernbegleitung und ermöglichen Echtzeit-Feedback und -Unterstützung auch bei komplexen Herausforderungen in selbstorganisierten Lernprozessen, und das mit unendlicher Geduld sowie unter Berücksichtigung emotionaler Aspekte. Sie fassen die Ergebnisse von Besprechungen zusammen und erstellen beispielsweise umfassende Projektberichte.

Damit wird die KI zu einer Beschleunigung folgender Trends im Corporate Learning beitragen:

  • Werte und Kompetenzen, insbesondere Kreativität und Selbstorganisation, bilden die individuellen Lernziele,
  • Herausforderungen in der Praxis und in Projekten, die mit Hilfe menschlicher Lernpartner*innen und Lernbegleitenden sowie Virtueller Assistenten  bearbeitet werden, sind die zentralen Lernorte,
  • Wissen und Qualifikation wird – auf Grundlage einer Basisqualifikation – mit Hilfe von Kuratierungssystemenon demand“ selbstorganisiert aufgebaut und in der Praxis angewandt,
  • an die Stelle traditioneller Lernräume und Lernumgebungen treten Ermöglichungs- und Coaching-Umgebungen in der Learning Experience Platform – LXP.

Dies kann nicht nur zu einer Reduktion der Bildungskosten von bis zu 80 %, einem bis zu 35 % effektiveren Upskilling und zu einer Verringerung der Fluktuation von 10% auf 2%, sondern auch zu einem mehrfach erhöhten ROI beitragen.

Lernen wird mit KI insgesamt deutlich effizienter, schneller und wirtschaftlicher.

Der Einsatz der KI beschleunigt damit den Prozess zum Workplace Learning mit einer gewachsenen Dynamik. Es wird nicht mehr dann gelernt, wenn zufällig eine Bildungsmaßnahme angeboten wird, sondern wenn Herausforderungen im Arbeitsprozess zu bewältigen sind.

Damit schlägt sich betriebliches Lernen mit KI direkt in der Performanz des Unternehmens nieder.

Die Unternehmen stehen dabei vor der Herausforderung, dass die überwiegende Mehrheit der Mitarbeitenden keine Erfahrungen mit selbstorganisierten Lernprozessen besitzen.

Deshalb ist ein gezielter Veränderungsprozess erforderlich, der es ermöglicht, eine Kultur des selbstorganisierten Arbeitens und Lernens zu schaffen.

Die Personalentwicklung wandelt sich zu einem Werte- und Kompetenzmanagement-Team, das den Lernrahmen über die LXP gestaltet und laufend optimiert sowie die Führungskräfte, die im Implementierungsprozess eine zentrale Rolle übernehmen, gezielt entwickelt und begleitet. Darauf aufbauend kann ein entsprechender Prozess mit den Teams und Mitarbeitenden initiiert werden, um von Anfang an die Grundlage für eine dauerhafte und breite Akzeptanz zu schaffen.

Ich sehe KI-Lösungen, wie beispielsweise ChatGPT, nicht als eine Revolution des Corporate Learning. Vielmehr verstärkt die KI die aktuellen Entwicklungen im betrieblichen Lernen, an denen viele Verantwortliche in den Unternehmen seit Jahren arbeiten.

Nach der Phase des Experimentierens mit KI ist nunmehr ein konzeptioneller Wandel zu einem Corporate Learning erforderlich, das vor allem durch die Selbstorganisation der Mitarbeitenden, mit KI-Unterstützung, geprägt ist. KI-Lösungen bewirken dabei einen neuen, innovativen Schub zur selbstorganisierten Werte-und Kompetenzentwicklung im Prozess der Arbeit und damit zu einer Steigerung der Performanz der Organisation.

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